Die verborgene Macht psychologischer Spiele: Wie wir unbewusst manipulieren und manipuliert werden

Stellen wir uns vor: Eine Kollegin ruft wiederholt die IT-Abteilung an, weil sie ein wiederkehrendes Computerproblem nicht selbst lösen kann. Die IT erklärt es ihr jedes Mal aufs Neue, wird aber zunehmend genervter. Die Kollegin entgegnet: „Ach, ich habe es einfach nicht so mit Computern.“ Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Interaktion erscheint, ist in Wirklichkeit ein faszinierendes Beispiel für ein psychologisches Spiel, das in unserem Alltag häufiger vorkommt, als wir denken.
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Was sind psychologische Spiele?

Psychologische Spiele sind wiederkehrende manipulative Kommunikationsmuster. Wenn wir aus einer Interaktion mit einem unguten Bauchgefühl herauskommen und denken „Was war das denn schon wieder für eine Nummer?“, können wir davon ausgehen, dass wir gerade Teil eines solchen Spiels waren.

Diese Spiele folgen, ähnlich wie Gesellschaftsspiele, festen Regeln. Sie beginnen meist mit einem Spielangebot oder Köder, der auf einer Ausblendung oder Verzerrung der Realität basiert. Der Köder wird gezielt ausgeworfen, um einen wunden Punkt beim Gegenüber zu treffen - oft in Form von tiefsitzenden Glaubenssätzen.

Die Anatomie eines psychologischen Spiels

  1. Der Köder: Eine Mitarbeiterin möchte kurz vor einem wichtigen Termin ihrer Führungskraft noch Grundsatzfragen zu einer bereits vorher mitgeteilten Aufgabe, auf die sie wenig Lust hat, klären.
  2. Der wunde Punkt: Die Führungskraft fühlt sich schuldig, weil sie glaubt, nie ausreichend Zeit für ihre Mitarbeitenden zu haben.
  3. Das Spiel beginnt: Die Führungskraft lässt sich auf das Gespräch ein, obwohl die Situation offensichtlich ungeeignet ist.
  4. Die Eskalation: Die Mitarbeiterin rollt die Fragen sehr grundsätzlich und von weit hinten auf, die Führungskraft wird zunehmend genervt und steht unter Zeitdruck.
  5. Der Bruch: Die Führungskraft bricht das Gespräch ab und eilt zum Termin.
  6. Die heimliche Belohnung: Die Mitarbeiterin muss die Aufgabe vorerst nicht erledigen, da sie keine Antworten auf all ihre Fragen erhalten hat und das To Do somit aufschieben kann. Die Führungskraft fühlt sich in ihrem Glaubenssatz bestätigt.

Warum spielen Erwachsene diese Spiele?

Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Spiele meist unbewusst geführt werden. Weder derjenige, der den Köder auswirft, noch derjenige, der anbeißt, handelt in der Regel aus Bösartigkeit oder bewusster Manipulation. Oft sind es Verhaltensmuster, die wir schon in der Kindheit gelernt haben, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen, wenn eine offene Kommunikation nicht möglich schien.

Wie aber unterscheiden wir nun ein psychologisches Spiel von einer leidenschaftlichen Diskussion? Der Ton macht hier oft den Unterschied. Während in einem Spiel oft persönliche Angriffe oder Abwertungen vorkommen („Wie kann man nur so blöd sein?“), bleibt eine echte Diskussion sachlich und respektvoll, auch wenn Emotionen im Spiel sind.

Psychologische Spiele im Unternehmenskontext

In Unternehmen, beispielsweise bei der Einführung agiler Konzepte, können psychologische Spiele genutzt werden, um gefühlte Machtvakuen zu füllen. Mitarbeitende versuchen dann, Entscheidungen zu erzwingen oder Verantwortung zu übernehmen, ohne offiziell dafür geradestehen zu müssen. Hier ist es wichtig, dass Führungskräfte diese Dynamiken erkennen und adäquat darauf reagieren können.

Wie können wir psychologische Spiele unterbrechen?

Um auf unser Eingangsbeispiel zurückzukommen: Die IT-Abteilung könnte das Spiel unterbrechen, indem sie die Mitarbeiterin auffordert, die Schritte zur Problemlösung mitzuschreiben. Oder sie könnte freundlich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass jemand in ihrer Position, die sie sich hart erarbeitet hat, sicherlich in der Lage ist, solche kleinen Probleme selbst zu lösen. Als Führungskraft ist es zudem wichtig, nicht in die Richterrolle gedrängt zu werden, wenn Konflikte zwischen Mitarbeitenden entstehen. Stattdessen sollten sie eine moderierende Rolle einnehmen und die Beteiligten dazu ermutigen, selbst Lösungen zu finden.

Bewusster kommunizieren für bessere Beziehungen

Indem wir uns dieser psychologischen Spiele bewusst werden, können wir sie erkennen, unterbrechen und letztendlich offener und ehrlicher kommunizieren. Dies führt nicht nur zu effektiveren Arbeitsbeziehungen, sondern auch zu einem angenehmeren und authentischeren Miteinander im Alltag.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diese oft unbewussten Muster zu durchbrechen und eine Kultur der offenen, respektvollen Kommunikation zu schaffen. Denn nur so können wir wirklich voneinander lernen, wachsen und gemeinsam Großes erreichen.

Wenn Sie mehr Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken, möchten, dann hören Sie gerne in den Business-Podcast von Alice Dehner rein.