Drama gehört auf die Bühne – nicht ins Unternehmen
Psychologische Spiele, die im Unternehmen gespielt werden
Psychologische Spiele, die sich in unserem Kommunikationsverhalten manifestieren, sind es nämlich oft, die unnötige Dramen befeuern, die uns und unseren Unternehmen mehr schaden als nützen. Das eigentliche Drama sollte daher auf der Bühne bleiben und nicht in den Arbeitsalltag eindringen. Doch wie können wir das vermeiden? Eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen psychologischen Spielen und den damit verbundenen Rollen ist ein erster Schritt in Richtung professioneller und offener Kommunikation. Psychologische Spiele im Unternehmen folgen oft einem bekannten Muster, das in der Psychologie als „Dramadreieck“ beschrieben wird. Ursprünglich aus der Dramaturgie des Theaters entlehnt, beschreibt dieses Konzept drei klassische Rollen, die in solchen Kommunikationsmustern eingenommen werden: der Verfolger, das Opfer und der Retter.
Das Dramadreieck: Was hat es mit den Rollen auf sich?
Der Verfolger ist die Rolle, in der wir andere abwerten – sei es durch scharfe Worte, abfällige Bemerkungen oder nonverbale Gesten wie einfach nur ein Augenrollen. Der Verfolger macht andere klein und wertet sich selbst dadurch auf. Die Opferrolle hingegen wird von der Person eingenommen, die sich klein macht, sich unterlegen fühlt und sich einem Verfolger ausgeliefert sieht. Das Opfer sucht dabei oft nach einem Retter, der dritten Rolle und diejenige, die helfend eingreift. Der Retter jedoch, obwohl scheinbar wohlwollend, hält das Opfer oft in seiner Kleinheit fest, indem er die Verantwortung übernimmt und somit die Selbstwirksamkeit des Opfers untergräbt.
Diese Rollen wechseln oft innerhalb eines Spiels. Was zunächst wie ein klarer Fall aussieht – der Verfolger als Bösewicht, das Opfer als hilflose Figur und der Retter als Held – kann sich im Laufe der Interaktion schnell verändern. Das Opfer wird plötzlich zum Verfolger, der Retter zum neuen Opfer, und so weiter. Diese dynamischen Rollenwechsel machen das psychologische Spiel besonders intensiv und emotional aufgeladen.
Die Gefahr der unbewussten Rolleneinnahme
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Rollen oft unbewusst eingenommen werden. Viele von uns haben bereits in der Kindheit gelernt, durch solche manipulativen Kommunikationsmuster unsere Interessen durchzusetzen. Im Arbeitskontext jedoch führt dies zu wiederkehrenden, destruktiven Interaktionen, die nicht konstruktiv sind und nur selten zu den gewünschten Ergebnissen führen.
Ein kritisches Feedback muss nicht zwangsläufig in der Verfolgerrolle erfolgen. Der Unterschied liegt in der Art und Weise, wie das Feedback gegeben wird. Ein Verfolger wertet die Person ab, während ein konstruktiver Kritiker sich auf das Verhalten oder die Leistung konzentriert, ohne die Person als solche infrage zu stellen. Ebenso ist es wichtig, das Opfer nicht mit jemandem zu verwechseln, der schlicht und ergreifend Hilfe benötigt. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass das Opfer sich selbst in die Rolle der Hilflosigkeit drängt und Verantwortung abgibt, während jemand, der wirklich Hilfe sucht, diese aktiv in Anspruch nimmt, um selbst handlungsfähiger zu werden.
Klassische Spiele im Unternehmenskontext
Ein besonders weitverbreitetes Spiel ist etwa das „Ja, aber“-Spiel. Hierbei stellt sich eine Person als hilfsbedürftiges Opfer dar, das nach einem Retter sucht. Sobald jedoch Vorschläge gemacht werden, werden diese mit „Ja, aber …“ abgelehnt. Das Opfer lehnt jeden Lösungsvorschlag ab und schlüpft am Ende in die Rolle des Verfolgers, indem es dem Retter vorwirft, nicht helfen zu können. Dieses Spiel ist ein Paradebeispiel für ineffektive und destruktive Kommunikation, die zu Frustration auf allen Seiten führt.
Ein weiteres typisches Spiel im Unternehmen ist „Du wirst schon sehen, was dabei herauskommt“. Dabei wird nach einem Beschluss oder einer Entscheidung scheinbare Zustimmung signalisiert, während insgeheim darauf spekuliert wird, dass der Plan scheitern wird. Wenn dies dann eintritt, nutzt die Opferrolle die Gelegenheit, um den Verfolger, der die Entscheidung traf, dafür verantwortlich zu machen.
Wie steigen wir aus dem Dramadreieck aus?
Der erste Schritt zur Beendigung dieser psychologischen Spiele ist das Erkennen der gespielten Rollen. Es erfordert Bewusstheit und die Bereitschaft, sich selbst und andere kritisch zu hinterfragen. Statt in die für uns vorgesehene Rolle zu schlüpfen, sollten wir versuchen, diese Dynamik zu durchbrechen. Dies gelingt, indem wir auf eine offene und professionelle Kommunikation setzen, in der emotionale Manipulation keinen Platz hat.
Im Fall des „Ja, aber“-Spiels kann es unter anderem hilfreich sein, nach dem dritten „Ja, aber“ keine weiteren Vorschläge mehr zu machen, sondern stattdessen lösungsorientierte Fragen zu stellen, die den anderen dazu anregen, selbst aktiv zu werden. Auch beim „Du wirst schon sehen, was dabei herauskommt“-Spiel sollten wir genau hinhören, ob die Zustimmung wirklich ehrlich gemeint ist, und gegebenenfalls noch einmal nachfragen, um eine klare Vereinbarung zu treffen.
Insgesamt erfordert es ein hohes Maß an Achtsamkeit, um die subtilen, aber schädlichen Dynamiken solcher Spiele zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Durch eine bewusste Kommunikation lassen wir das Drama auf der Bühne, wo es hingehört, und schaffen im Unternehmenskontext eine Atmosphäre, die von Professionalität und Offenheit geprägt ist. So stellen wir gemeinsam sicher, dass Emotionen konstruktiv genutzt werden und destruktive Spiele keinen Raum mehr finden.
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