Echtes Ziel oder guter Vorsatz?

Vorsätze fassen ist leicht – nahezu jeder von uns nimmt sich immer wieder gewisse Dinge vor. Das reicht von den Klassikern wie Abnehmen und mit dem Rauchen aufhören über Reisen in ein bestimmtes Land bis hin zu weniger Arbeiten. Sollen aus den Vorsätzen allerdings konkrete Ziele werden, scheitert es in der Umsetzung spätestens nach ein paar Wochen, wenn uns der Alltagstrott Hand in Hand mit dem inneren Schweinhund wieder zurück in alte Muster wirft.
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Besonders gut lässt sich dieses Phänomen zu Beginn eines neuen Jahres oder bestimmten Lebensabschnitten, wie Geburtstag, Hochzeit oder Beförderung beobachten. All die schönen Ideen und Vorsätze werden schnell wieder vergessen oder nach hinten verschoben, mit der Gewissheit, dass sie nie umgesetzt werden. Grund dafür ist, dass die nötige Verhaltensänderung nicht stattfindet. Im Kontext der Führung betrifft das zum Beispiel die Kommunikation, das Selbstmanagement, den Führungsstil oder die eigene Regeneration. Selbst wenn die Ziele noch so erstrebenswert sind, garantiert das noch lange nicht, dass sie auch in die Tat umgesetzt werden. Doch wie lässt sich nun die Umsetzungsquote steigern? Gabriele Oettingen, Professorin für Psychologie, hat große Teile ihrer Forschung an der New York University genau dieser Frage gewidmet.

Vorstellung und Realität sind das gleiche – zumindest fürs Gehirn

Viele glauben die Antwort ist simpel und positives Denken würde bereits ausreichen. Dadurch werde die gewünschte Zukunft denkbar und damit möglich. Der Grundgedanke dahinter ist nicht falsch. Gibt es nämlich keine Visionen oder Ziele, dann ist auch keine Richtung vorhanden, in die man gehen will oder kann. Dennoch hat die Forschung gezeigt: Je mehr wir uns mit einer positiven Zukunft beschäftigen – zum Beispiel damit, eine hervorragende Führungskraft zu sein oder das Unternehmen enorm erfolgreich zu machen – desto weniger wird diese erreicht. Das liegt daran, dass unser Gehirn nicht zwischen Realität und Vorstellung unterscheidet. Malen wir uns also die Zukunft in den schillerndsten Farben aus und stellen uns vor, wie es sein wird, wenn es genauso eintritt, schüttet das Gehirn körpereigene Belohnungsstoffe aus. Mit der Folge, dass wir uns auf diesen ausruhen und nichts mehr unternehmen, um die Ziele in der Realität auch tatsächlich zu erreichen. An der Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz. Einerseits brauchen wir Visionen und Ziele, anderseits behindert die ausgestaltete Vorstellung derer die Umsetzung.

Hindernisse erkennen und hinterfragen

Es braucht also mehr als nur positives Denken, um zur gewünschten Richtung auch noch Umsetzungsenergie zu generieren. Diesbezüglich hat Gabriele Oettingen das Prinzip des mentalen Kontrastierens entwickelt. Sie geht damit einen Schritt über das positive Denken hinaus. Hat man sich ausreichend damit beschäftigt, was man wirklich will, wohin die Reise gehen soll und sich das auch vorgestellt, gilt es, die Hindernisse zu erkennen. Hilfreiche Fragen hierzu sind:

  • Was steht mir eigentlich im Weg?
  • Wie stehe ich mir selbst im Weg?
  • Wo liegen Fallstricke und Hürden bei der Realisierung?
  • Kann ich das Ziel verschieben, wenn die Hindernisse zu groß sind, oder sollte ich die Visionen und Ziele neu setzen?

Lassen sich die Hindernisse bewältigen, braucht es jetzt Energie und Durchhaltvermögen, damit die Ziele wirklich erreicht werden.

Mit Wenn-Dann-Plänen wird es konkret

Zusammengefasst haben wir jetzt eine klare Vision und eine Richtung, wir stellen uns vor, wie positiv sich die Erreichung des Ziels auswirkt und haben gleichzeitig geklärt, welche Hindernisse auf dem Weg aufkommen können. Im nächsten Schritt gilt es, sogenannte Wenn-Dann-Pläne für die zu erwartenden Hürden aufzustellen. Nehmen wir dazu ein praktisches Beispiel. Eine Führungskraft hat sich vorgenommen, eine bessere Beziehung zu den Mitarbeitenden aufzubauen. Dadurch will sie das Teamgefüge stärken und die Unternehmenskultur positiv mitprägen. Sie stellt sich vor, wie die Gemeinschaft sein wird, das Team im Alltag miteinander umgeht, Meetings ablaufen, welches Gefühl schon morgens beim Betreten des Unternehmens entsteht usw. Danach setzt sie sich mit den Hürden auseinander. Eine davon ist, dass die Führungskraft weiß, dass sie im Stress oder wenn viele Themen an sie herangetragen werden, meist kurz angebunden ist und abweisend reagiert. Dafür kann sie einen Wenn-Dann-Plan entwickeln. Dieser könnte zum Beispiel lauten: „Wenn ich merke, dass gerade zu viele Themen brennen und ein Mitarbeitender auf mich zukommt und etwas von mir will, atme ich einmal tief durch. Dann sage freundlich, dass ich mir für das Anliegen angemessen viel Zeit nehmen möchte und daher erst zwei andere Themen beenden will, bevor wir in dieses Gespräch einsteigen.“

Der Vorteil von Wenn-Dann-Plänen liegt in diesem Fall darin, dass sich die Führungskraft nicht zwangsläufig zurücknehmen oder immer ansprechbar sein muss, sondern durch eine bessere Kommunikation das übergeordnete Ziel „Bessere Beziehungen zu den Mitarbeitenden“ in den Fokus rückt. Das kann auch bedeuten, die eigenen Bedürfnisse klarer zu benennen und damit berechenbarer für die Mitarbeitenden zu sein. Diese können sich darauf einstellen, dass ihr Thema behandelt wird und wissen auch, warum dies zu einem späteren Zeitpunkt geschieht.

Mentales Kontrastieren führt zu Veränderungen

Kommen wir noch einmal zurück zum mentalen Kontrastieren. Das bedeutet, dass für jedes bekannte Hindernis auf dem Weg ein Wenn-Dann-Plan entsteht. Da kommt gut und gerne einiges an Plänen zusammen, die sich zum Beispiel perfekt in einer Mindmap darstellen lassen. In der Mitte steht das Ziel und abzweigend davon befinden sich die Hindernisse und Pläne dafür. In Bezug auf das Ziel hilft das mentale Kontrastieren insoweit, da es einerseits zu kognitiven und motivationalen Veränderungen und anderseits zu einem besseren Umgang mit Rückschlägen führt. Beides erhöht die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches, dass wir ein Ziel wirklich erreichen.

Fazit: Die Umsetzungsquote ist erhöht

Wenn wir wollen, dass aus guten Vorsätzen Ziele werden, die wir auch tatsächlich erreichen, braucht es zusammenfassend drei Faktoren:

  1. Eine Vision mit einer eindeutigen Richtung und klaren Vorstellung.
  2. Die Identifikation von Hindernissen auf dem Weg.
  3. Wenn-Dann-Pläne, um diesen zu begegnen.

Selbstverständlich schadet es nicht, wenn noch Durchhaltvermögen, Zuversicht und Freude hinzukommen.

Im Business Podcast von Alice Dehner gibt es weitere Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken.