Friede, Freude, Eierkuchen

| Alice Dehner
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Ein Jahresbeginn hat ja immer so ein bisschen was Verheißungsvolles - auch wenn man im Laufe des Lebens durchaus kapiert hat, dass das mit den Jahren ziemlich ähnlich ist wie mit den Kindern - sie liegen alle als Wunderkinder in der Wiege, entpuppen sich in neunundneunzigenhalb Prozent der Fälle später jedoch zum Glück als ganz normal. Das nehmen selbst die verzücktesten Eltern irgendwann zur Kenntnis und weil sie ihre Kinder lieben, verzeihen sie ihren Nachkommen, dass die aus dem fantastischen Genmaterial nicht mehr gemacht haben. So werden in den allermeisten Fällen selbst aus den Anfängen mit Feuerwerk und Walzerklängen dann doch ganz normale Jahre, durch die man sich irgendwie durchwurstelt. Die Politiker machen Politik, über die man schimpft, die Autokonzerne beteuern, dass bei ihren Abgastests alles mit rechten Dingen zugeht, die Werbung schreckt vor keinem noch so blöden Spruch, keiner noch so verdrehten Behauptung zurück, um uns zu veranlassen, etwas zu glauben, das zu glauben uns der gesunde Menschenverstand verbietet, um anschließend etwas zu kaufen, das wir nicht brauchen und die Wissenschaft erforscht Dinge, die uns hinterher das Leben ziemlich schwermachen, weil den nur der hehren Wissenschaft verpflichteten Denkern die Konsequenzen all dieser ungeahnten neuen Möglichkeiten völlig Wurscht sind. Was machbar ist, wird gemacht, koste es, was es wolle. Außerdem sind sie ja nicht schuld, sie haben ja nur geforscht.

Dabei erforschen sie nie das, was einen wirklich interessiert, diese Jungs und Mädels, die sich so gern in ihren akademischen Eitelkeiten ergehen. Nehmen Sie doch nur mal die Astrophysik. Bis zum Urknall haben sie es gebracht und sind ganz stolz darauf, mit irgendwelchen unglaublichen Apparaturen noch die Schallwellen dieses Ereignisses auffangen zu können. Der Urknall - ja, prima, und was weiter? Weiter erfährt man nichts! Oder haben Sie schon mal gehört, dass es Forschung darüber gibt, was da eigentlich urgeknallt hat?

Dabei habe ich eine durchaus wahrscheinliche und nachvollziehbare These anzubieten. Gott der Allmächtig hat dereinst eine unermessliche, wunderbare Welt geschaffen und in seiner nicht enden wollenden Güte hat er Lebewesen erschaffen, die erst mal ganz vielbesprechend aussahen. Leider haben sie sich irgendwann zu Kreaturen entwickelt, die ihre ganze Intelligenz dareinsetzten, all die Schönheit, die Großartigkeit, die Erhabenheit ihrer Lebenswelt zu zerstören, weil ihnen ihr Profit das wichtigste Anliegen war. Der Urknall war dann der Moment, als Gott dem Allmächtigen der Kragen geplatzt ist… Da danach nun aber diese ganzen Teilchen noch im Universum schwirrten, setzten sie sich nach Jahrmiliarden so peu á peu wieder zum gleichen Verhängnis zusammen - und ich fürchte, Gott der Allmächtige fängt langsam an, die Schnauze voll zu haben. Was dann passiert, wissen wir ja jetzt.

Einer, der sich vermutlich für Gott den Allmächtigen hält, nur schöner, großartiger und überhaupt the best God we ever had, hat gerade per Dekret beschlossen, achttausend Quadratkilometer Naturschutzgebiet dem Kohle- und Ölabbau zu opfern. Ich sag dazu jetzt nichts, wir wollen in dieser Kolumne ja keine hässlichen Wörter verwenden.

Anfang Dezember, ist also schon ein Weilchen her, habe ich aus der Zeitung erfahren, dass der amerikanische Rockmusiker und ehemalige R.E.M. Sänger Michael Stipe sich entschlossen hat, den P.O.T.U.S. , dem Rest der Welt bekannt als „der amerikanische Albtraum“, nur noch Nr. 45 zu nennen, weil er halt der fünfundvierzigste seines Zeichens ist. Der Musiker gab folgende Begründung an: „Ich verspüre den Drang, ihn zu entpersönlichen. Jedes Mal, wenn man seinen Namen nennt, wird Trump größer und größer. Wir müssen es schaffen, von ihm wegzuschauen.“

Was den inneren Unwillen betrifft, den Namen von Nr. 45 zu nennen, kann ich den Mann so gut verstehen! Zu meinem größten Bedauern hatten wir es mal mit jemandem zu tun, dessen Verhalten mich so angeekelt hat, dass ich nicht mal mehr seinen Namen in den Mund nehmen wollte. Er firmiert deshalb bei uns, wenn schon mal von ihm die Rede sein muss, unter „Lord Voldemort“ - Sie verstehen schon „he who must not be named“.

Der Punkt „Wir müssen es schaffen, von ihm wegzuschauen“ ist jedoch problematisch. Einerseits finde ich es vollkommen richtig, Unerwünschtes, Dummes und Schädliches nicht noch dadurch weiter aufzublasen, dass man ihm ungebührliche Aufmerksamkeit widmet. Das Blöde ist halt, dass man viele auch nicht einfach machen lassen kann. Also, nur wegschauen kann nicht die Lösung sein.

Aber die Idee mit „Nr. 45“ finde ich trotzdem gut, man muss ja auch an die eigene Psycho-Hygiene denken. Nr. 45, das ist dazu auch noch absolut wert-neutral. Ich meine, man kann sich sehr viele, sicher sehr zutreffende, Spitznamen für diverse Persönlichkeiten, die einem nicht liegen, einfallen lassen, die jedoch leider den Nachteil haben, den Tatbestand der Beleidigung zu erfüllen. Das wollen wir ja aber gar nicht, wir wollen ja anständig bleiben. Was nicht einfach ist, in diesen unanständigen Zeiten, wenn der Repräsentant der mächtigsten Nation der Welt ungestraft rassistische Fake-Videos weitertwittert und in verschiedenen Weltregionen, die auch ohne ihn schon gestraft genug sind, mit Feuer spielt.

Insofern verlange ich vom Neuen Jahr eigentlich nichts weiter, als dass es eines werden möge, durch das man sich noch halbwegs heil und gut durchwursteln kann. Und Ihnen und mir wünsche ich selbstverständlich Friede, Freude, Eierkuchen, was will man mehr???