Manager gehören nicht ins Hamsterrad

Oft begegnen uns Führungskräfte und Manager, die darüber klagen, dass sie im Hamsterrad feststecken und nur noch funktionieren. Sie fühlen sich komplett fremdbestimmt in ihrer Arbeit und kämpfen mit einem hohen Stresslevel. So ging es auch einem Coachee, der in einer hohen Managementposition war. Zudem schilderte dieser, dass sein Workload einfach zu hoch sei. Wann immer er sich einem Thema widmen wolle, wären schon wieder mindestens drei neue auf seinem Schreibtisch. Und kommen diese dann noch vom Vorstand, lässt sich das nicht aufschieben oder gar abgeben. In Nullkommanichts werden alle Stunden, die eigentlich der Erholung dienen sollten, wieder für die Arbeit genutzt. Ohne Tendenz, dass sich das ändert.
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Der Wunsch im Coaching war, dass dieser Manager endlich wieder das Gefühl haben wollte, alles geschafft zu haben und damit dem Hamsterrad zu entkommen. Doch ist das überhaupt möglich?

Von Getriebenheit zur Selbstbestimmung

In nahezu jedem Unternehmen findet Zusammenarbeit statt, das bedeutet, dass die eigene Arbeit immer Auswirkung auf andere hat. Dadurch entstehen Abhängigkeiten, die oft das Gefühl der Fremdbestimmung auslösen. Es wird nur noch auf die Anforderungen anderer reagiert und eine gewisse Machtlosigkeit entsteht, die wiederrum dazu verleitet, zu kapitulieren und im schlimmsten Fall sogar zum Burnout führen kann. Der Umgang mit den neuen Medien verschärft das Gefühl zusätzlich, denn es herrscht das Dogma, dass immer sofort auf jede Nachricht reagiert werden muss. Viele Führungskräfte auf C-Level-Ebene jagen als Getriebene durch den Tag und haben keine Zeit mehr zum Durchatmen – es ist daher absolut nachvollziehbar, dass sie sich wünschen, das Gefühl zurückzubekommen, alles geschafft zu haben. Allerdings bleibt das ab einer gewissen Hierarchieebene ein Wunschtraum. Es wird immer mehr und schneller Arbeit nachkommen als sie sich erledigen lässt. Wichtig ist, das zu akzeptieren und sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass abends der Stift fällt und alles erledigt ist. So gewinnt man wieder Freiheit. Im Kern geht es um Selbstbestimmung, Entscheidungen treffen, Aktion statt Reaktion und nicht darum, alles zu schaffen.

Priorisierung – unentbehrlich für klare Entscheidungen

Ein wichtiger Baustein für klare Entscheidungen ist eine gute Priorisierung. Hilfreich hierbei ist die Eisenhower oder auch Covey Matrix. Dort gibt es vier Felder, in welche die Aufgaben eingetragen werden.

  • Feld 1: Wichtig und dringend
  • Feld 2: Wichtig, aber nicht dringend
  • Feld 3: Nicht wichtig, aber dringend
  • Feld 4: Weder wichtig noch dringend

Sehr oft haben wir das Gefühl, dass wir nur im ersten Feld unterwegs sind, das heißt, Dinge tun, die wichtig und dringend sind. Ist dies der Fall, sollte man sich seine Priorisierung unbedingt näher anschauen. Vor allem gilt es, der Ursache auf den Grund zu gehen, was schiefläuft, dass nur noch Arbeiten erledigt werden müssen, die wichtig und zugleich dringend sind. Im besten Fall sollten sich Führungskräfte den Großteil des Tages in Feld 2 aufhalten, sprich Dinge erledigen, die eine Relevanz haben, aber nicht drängen. Maximal 30 Prozent der Arbeitszeit sollten auf Feld 1 entfallen. Ist die Prozentzahl höher, handelt es sich meist um Aufgaben, die aus anderen Feldern herüberwandern, da ihnen vorher zu wenig Bedeutung beigemessen wurde. Manager und Führungskräfte verbringen auch sehr viel Zeit im dritten Feld und erledigen dringende Aufgaben, was meist daraus resultiert, dass spontan Nachrichten eingehen, die sofort beantwortet werden sollen. Ihre Dringlichkeit kommt vor allem daher, dass jemand anderes auf die Tube drückt, weil er vielleicht hinterherhängt. Bei genauer Betrachtung allerdings zahlen diese weder auf das Vorankommen der eigenen Abteilung noch auf die des Unternehmens ein und sind deshalb nicht wichtig.

Delegieren und Klarheit schaffen

Beschäftigt man sich nur mit Aufgaben aus dem ersten und dritten Feld, kann es passieren, dass man den ganzen Tag unglaublich gestresst ist, viel arbeitet und doch gleichzeitig im Hamsterrad rennt, ohne voranzukommen. Schauen wir noch kurz auf das vierte Feld, also Dinge, die weder wichtig noch dringend sind. Diesen kann man sich durchaus mal widmen, wenn man schon erschöpft und müde ist, aber sie können am längsten liegenbleiben.

Sich einmal bewusst damit auseinanderzusetzen, in welches Feld die Aufgaben gehören und womit man sich den ganzen Tag beschäftigt, ist enorm hilfreich. Daraus ergeben sich zum Beispiel folgende Fragen:

  • Was sollte ich wirklich machen? Die Arbeiten aus dem zweiten Feld.
  • Was kann ich delegieren? Aufgaben aus dem dritten Feld.
  • Welchen Dingen muss ich keine Beachtung schenken? Arbeiten, die im vierten Feld sind.

Diese Auseinandersetzung schafft Klarheit über die eigene Priorisierung und macht einem bewusst, welche Entscheidungen zu treffen sind: Was mache ich, was mache ich jetzt und was lasse ich auch mal bewusst liegen.

Stille Stunden sind besonders wirksam

Ein weiterer zentraler Aspekt, der zu bewussteren Entscheidungen und mehr Selbstbestimmung führt, sind stille Stunden. Viele Manager eilen getrieben durch den Tag, sind immer ansprechbar und haben dadurch nie Zeit, sich in Ruhe mit Themen zu beschäftigen. Dem lässt sich entgegenwirken, wenn stille Stunden eingerichtet werden – und zwar nicht dann, wenn es ohnehin schon still ist, da man der letzte im Büro ist und im Grunde schon alle Energie aufgebraucht hat, sondern wenn die Leistungsfähigkeit noch hoch ist. In dieser Stunde sollten Manager keine Störung zulassen, das E-Mail-Programm und Handy ausschalten, das Telefon umleiten und keine spontanen Besuche im Büro dulden. Für gewöhnlich gibt es nichts, was so dringend ist, dass es nicht eine Stunde warten kann. Nach den ersten stillen Stunden sind viele erstaunt, wie viel sie in dieser Zeit schaffen und wie entspannend sich das auf den restlichen Tag auswirkt. Werden in dieser Stunde Aufgaben aus dem zweiten Feld der Matrix abgearbeitet, rutschen diese erst gar nicht in das erste.

Fazit: Bewusste Entscheidungen entlasten

Der oben erwähnte Coachee hat sein Selbstmanagement neu ausgerichtet und gelernt, bewusst Entscheidungen zu treffen. Später berichtete er davon, wie gut es sich anfühlte, ein Thema einmal bewusst nicht anzugehen, als er darauf angesprochen wurde. Früher hätte es ihn massiv gestresst und er hätte sich dabei ertappt gefühlt, dass ihm etwas durchgerutscht ist. Nachdem er allerdings sein Selbstmanagement verbessert hat, konnte er ganz klar argumentieren, warum er das nach hinten priorisierte. Und das Erstaunlichste war die Reaktion des anderen, der meinte, das sei gar kein Problem. Diese Erkenntnis trifft viele: Der Moment, in dem sie bewusste Entscheidungen treffen, führt nicht zu mehr Problemen, sondern sorgt für Entlastung.

Im Business Podcast von Alice Dehner gibt es weitere Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken.