Renates Kolumne: Das fängt ja gut an!

| Renate Dehner
Ich wünsche ganz herzlich, guten Rutsch gehabt zu haben! Mein exklusiver, wenn auch leicht verspäteter Tipp: Fangen Sie das Neue Jahr gut an! Und was empfiehlt sich dafür? Klassiker natürlich, die sind doch immer das Beste. Legen wir also los mit DEM Klassiker zum Neuen Jahr, den guten Vorsätzen. Ich hätte da zwei Vorschläge für Sie.
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Einfach mal losschreiben macht neuerdings unter „journaling“ Karriere, das klingt auch gleich sehr viel hipper. Ich empfehle Ihnen Tagebuch schreiben also dringend als guten Vorsatz für das Neue Jahr. Es erleichtert das Corona-schwere Gemüt (hoffentlich), es bringt Sie auf die eine oder andere gute Idee (hoffentlich) und es wird Ihnen (vielleicht) Spaß machen, wenn Sie in ein paar Jahren lesen, was Sie im Jahre drei n.C. so gedacht, geglaubt und befürchtet haben. Zum Beispiel, dass das Licht am Ende des Tunnels der vierten Welle nur von den Scheinwerfern des entgegenkommenden Zuges kommt, der die fünfte, sechste, siebte Welle mitbringt…

Aber wer weiß, wenn es so richtig gut läuft, können Sie später vielleicht sogar über einiges lachen. Allerdings habe ich im Moment das bisschen dumme Gefühl, dass zwar eine Menge Chancen, aber kaum Kelche an uns vorübergehen. Um das klarzustellen: Es gibt schlimmere Schicksale, als – auch zu Pandemie-Zeiten - in der Bundesrepublik zu leben, aber wenigstens über die Sache mit den verpassten Chancen können wir uns einigen, oder? Die Zeitungen beschreien sie jedenfalls mit nicht nachlassender Dringlichkeit. Aus fünf vor zwölf im November wurde fünf nach zwölf im Dezember und keiner weiß, wo wir jetzt stehen. So schnell, wie die Zeit vergeht, ist vielleicht schon Mittag? High Noon, sozusagen? Wenn das den letzten Showdown des blöden Virus bedeuten würde, wäre man es ja zufrieden. Bei High Noon fürs Klima sähe es anders aus, aber jetzt wollen wir mal nicht allzu schwarzseherisch werden und Schweigen ist ja immer noch Gold. Gott weiß, man wünschte sich in diesen Zeiten nichts sehnlicher, als dass manche Großmäuler endlich ihre Klappen dergestalt vergolden würden. Aus manchen von diesen Klappen kommt so viel heiße Luft  – das kann doch nur schädlich fürs Klima sein. Aber, wie gesagt, das ist ein anderes Thema.

Apropos Klima: Der zweite gute Vorsatz zielt auf Verbesserung desselben, allerdings nicht weltweit, sondern eher lokal, sehr lokal sogar – ich spreche vom häuslichen Umfeld, wie das immer so schön genannt wird. Eine neue Umfrage der pronova BKK hat ergeben, dass im Jahr 2021 51% der Befragten angab, dass für sie Fernsehen und Videostreaming oberste Priorität hat, erst danach folgten der Computer, das Smartphone und schließlich Partner oder Partnerin. Nehmen Sie sich für das Neue Jahr doch ganz fest vor, das häusliche Betriebsklima aufzupeppen. Sagen Sie zum Beispiel der süßen Wonne ihres Lebens täglich, wenn Sie von der Arbeit nach Hause kommen, dass Sie sie, respektive ihn, unsäglich lieben. Aber Vorsicht! Falls er oder sie sich so am dritten oder vierten Tag erkundigt: „Wie lange willst du mir das eigentlich noch unter die Nase reiben?!“ sollten Sie sofort den Fernseher anschalten – sonst könnte das häusliche Klima so ruiniert werden wie der brasilianische Regenwald. Verzichten Sie unbedingt auf Erklärungen wie: „Ich wollte doch nur, dass es dir gutgeht, Schatz“. Das könnte zum nächsten rhetorischen Kahlschlag führen: „Was glaubst du, was du bist? Mein Ladekabel?“ und die sich anschließende Diskussion darüber könnte einen kompletten Klimakollaps verursachen. Da ist Binge-Watching vermutlich doch die Klimarettung.

Genug der guten Vorsätze, Sie haben Ihr Leben bisher ja auch ohne bewältigt! Wenn Sie allerdings bei all den gesellschaftlichen Verwerfungen und häuslichen Herausforderungen, denen wir uns in diesen sonderbaren Zeiten stellen müssen, noch etwas für die Nerven brauchen, habe ich einen heißen Tipp, der von einem bekennenden (haha, ich weiß) Heidenkind wie mir für Sie vielleicht überraschend kommt. Hören Sie doch mal geistliche Musik! Ich meine das ernst. Im Moment gibt es für meine Ohren fast nichts Schöneres als die „Petite messe solennelle“ von Rossini und wenn Sie „Panis angelicus“ und die „Sieben letzten Worte Christi am Kreuz“ von César Franck noch nie gehört haben, besitzen Sie mein volles Mitgefühl. Auch die Requien von Mozart, Verdi und Andrew Lloyd Webber, um nur drei zu nennen, sind einfach atemberaubend. Schöner Zusatznutzen: Wenn Sie sich in geistliche Musik ein bisschen eingehört haben, werden Sie nie mehr glauben, „Gloria in excelsis Deo“ sei ein neues Anti-Transpirant aus der Kosmetikproduktion der „Fürstin“ (wie sie sich gern nennt – den Titel gibt es in Deutschland zum Glück gar nicht mehr) Thurn und Taxis und „Domine Deo“ die dazu passende Herrenlinie.

Allerdings muss ich einen Warnhinweis anfügen: Zu den bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen gehört, dass die genannten Werke süchtig machen können!