Renates Kolumne: Die Rückkehr der Fürchterlichen Fünf

| Renate Dehner
Sie brauchte keinen Wecker, um zu wissen, was die Stunde geschlagen hatte. Schon seit Tagen hatte es sich angedeutet, auch wenn sie es einfach nicht wahrhaben wollte. Ignorieren, ignorieren, so gut es ging. Eigentlich war sie inzwischen alt genug, um zu wissen, dass es rein gar nichts brachte, vor der Realität die Augen zu verschließen. Das Grauen lässt sich nicht besiegen, es lässt sich noch nicht einmal aufhalten, nur weil man die Augen so fest zukneift wie Trump seine ekelerregende Schnute. Doch zu ihm später. Das wichtigste war jetzt, erst einmal diesen Tag, der so gar nichts Gutes versprach, zu überstehen. Also schlug sie die Augen auf, um lustlos aber entschlossen dem ersten der fürchterlichen fünf entgegenzutreten.
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Ferienende - der letzte Tag in einem heißgeliebten Ferienhaus, in einer heißgeliebten Gegend, an einem der Sehnsuchtsorte schlechthin – und man kann rein gar nichts dagegen tun! Mein konstruktiver Vorschlag, das Ferienhaus zu besetzen und einfach hierzubleiben, wurde vom Gatten schnöde abgelehnt. Er wollte nicht auf seine alten Tage in illegale Machenschaften verstrickt werden. Unter uns, finden Sie das nicht auch ein bisschen spießig? Was macht man also? Man packt seinen Koffer, frühstückt noch ein letztes Mal auf der zauberschönen Terrasse mit dem grandiosen Bergblick und fügt sich ins Unvermeidliche.

Was in diesem Fall auch bedeutet, dass man der Konfrontation mit den nächsten der fürchterlichen Fünf nicht länger ausweichen kann. Flachköpfe wohin man blickt, wenn man die Zeitung aufschlägt. Flachkopf Nr. 1 habe ich ja oben schon kurz erwähnt, zu ihm will ich mich auch nicht ausführlich äußern, ist ja schon viel zu viel geschrieben worden über ihn. Nur eines muss ich doch erwähnen: Der Typ hat schon ein A…Gesicht, wenn er das aufsetzt, was er für die Miene eines Elder Statesman (siehe oben „verkniffene Schnute“) hält, aber jetzt, im Wahlkampf, da sieht man ihn öfter lächeln – bitte, tun Sie sich das nicht an! Schauen Sie sofort weg, das verfolgt Sie noch in Ihren schlimmsten Albträumen. Albträume führen mich ohne Umwege zu meiner derzeitigen Lieblingskandidatin für Schaum vorm Mund. Ihre Majestät, die Weinkönigin Julia die Überflüssige, die Schweinen, Kühen, Kälbern und Hühnern unmenschliche Qualen zumutet, die verhindert hat, dass bleihaltige Munition aus unseren Wäldern verschwindet, wo diese Überreste die Erde vergiften und harmlose Waldbewohner morden, selbst wenn die Jäger abgezogen sind, die zahllose Schuld auf sich geladen hat, die hat doch tatsächlich dekretiert, dass Hunde Gassi geführt werden müssen. Ich bin so ergriffen von so viel Herz für die stumme Kreatur, mir fehlen wie dieser die Worte.

Was ich Ihnen gerade geschildert habe, fällt leider nicht in die Kategorie der dritten der fürchterlichen Fünf, die fake news. Dass die mir auf den Magen schlagen, brauche ich nicht näher erläutern. Aber zu erwähnen wäre vielleicht, dass man sich manches Mal wünschte, eine Nachricht zählte zu den fake news. Zum Beispiel die, dass Edward Snowdon, der für seine mutige Tat, die Machenschaften von US- Geheimdiensten zu enthüllen, seit fünf Jahren in Moskau im Exil sitzt, von Flachkopf Nummer 1 für eine etwaige Rückkehr in die USA als einziges Zugeständnis erhalten hat, man garantiere ihm, dass er nicht gefoltert würde! Ein Staat, der sich als Verteidiger des Rechts und der Demokratie aufspielt, wovon sehr viele andere Staaten ein trauriges Lied singen können, entblödet sich nicht, eine solche Garantie zu geben – fehlt eigentlich nur noch, dass sie die Sklaverei wieder legalisieren.

Vierte Vertreterin der fürchterlich Fünf ist die Faulheit. Und man kann durchaus sagen, dass sie wieder da ist – denn in den Ferien ist kein Mensch faul. Sinnloses Rumtrödeln ist im Urlaub Pflicht – das hat leider als negative Nebenwirkung, dass es längst nicht als so befriedigend empfunden wird, wie wenn man viel zu tun hat. Ist wohl der Grund, weshalb man dauernd etwas macht, Ausflüge, Museumsbesuche, Federball-Spielen, Bücher lesen und so. Statt wie zu Hause, wenn man sich dringend vor einer Arbeit drücken muss, am Frühstückstisch rumzulungern und seinen Gedanken nachzuhängen. Faulheit ist auch dann eine verwerfliche Charaktereigenschaft (- ja, ich kann durchaus selbstkritisch sein), wenn man sie, wie die Amis im Silicon Valley, Dopamin-Fasten nennt, auch „working detox“ macht die Sache nicht besser. Schlimmer als Faulheit finde ich eigentlich nur noch den letzten Vertreter der fürchterlichen Fünf.

Fleiß ist etwas, auf das ich locker verzichten könnte. Fleiß steht einem förderlichen und bekömmlichen Lebenswandel ganz betrüblich im Weg. Er bringt einen dazu, sich in dem im Urlaub auf den Hund gekommenen Garten zu verausgaben, was Rückenschmerzen zur Folge hat. Lassen Sie sich von niemandem einreden, Gartenarbeit sei gesund! Das Gegenteil ist der Fall! Fleiß zwingt einen an den Computer, um das vor kurzem noch so herrlich tiefenentspannte Gehirn zu martern. Fleiß lässt einfach nicht locker, und statt sich mit Faulheit zu paaren, um so zu einem gedeihlichen Einvernehmen zu kommen, streiten die zwei miteinander wie zwei Schwestern im Kindergartenalter. Ich will zurück in den Urlaub!