Renates Kolumne: Manchmal sagt die Aussprache mehr als tausend Worte…

| Renate Dehner
Alle Warnzeichen wurden missachtet – die Energie war uns lieber. Weshalb wir -der Westen- uns zu Recht eingestehen müssen, dass wir der Steigbügelhalter für Wladi den Schrecklichen waren. Diese Erkenntnis ist bitter, aber wir müssen sie schlucken. Genau wie Europa in den dreißiger Jahren Hitlers Propaganda kannte, ihm zugesehen hat und nichts gegen ihn unternahm, bis es zu spät war, haben sämtliche demokratischen Staaten Putin bei seinen Schändlichkeiten zugesehen, obwohl es seit Jahren Warnungen gab, wozu dieser Gewaltmensch noch alles fähig ist.
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Okay, hinterher ist man immer klüger – aber beschämend ist es trotzdem, dass man – wir, der demokratische Westen – jetzt der Ukraine und davor dem Nahen Osten womöglich einiges hätte ersparen können, hätte man sich dazu durchgerungen, die Augen und Ohren aufzumachen und daraus Handlungen abzuleiten. Vielleicht hätte man sogar Amerika und der Welt den unsäglichen Trump ersparen können, wer weiß das schon? Es ist auch kein uns entlastendes Argument, dass man – Selbstbestimmungsrecht der Völker - den oppositionellen Russen allein die Aufgabe zusprach und zumutete, sich gegen Wladi den Schrecklichen und seine Bande zu wehren. Dazu üben sie zu viel Terror aus. Man verlangt vom gefesselten Ehemann ja auch nicht, dass er etwas hätte unternehmen müssen und wirft ihm vor, dass er tatenlos zusah, wie seine Frau und seine Kinder gequält wurden. Denn der Verbrecher Putin und seine Gangsterkollegen haben die Waffen und dazu noch die Propaganda.

Aus der Zeitung und aus Nachrichten lernen wir, in welchem Ausmaß in diesem Krieg in Putins Russland die Propaganda vernünftige Berichterstattung ersetzt. Das ist nicht erst seit ein paar Wochen so, der Kriegsverbrecher hat seine Taten seit Jahren vorbereitet. Die Propaganda ist ein mächtiges Instrument und mit ihrer Hilfe werden Menschen dazu gebracht, zu Unmenschen zu werden. Aber allmächtig ist sie nicht!

Es gibt einen Punkt, glaube ich, hoffe ich, ab dem wird die „Pro-paganda“ zu einer „Anti-paganda“. Die Bevölkerung ist bereit, viele Lügen zu schlucken, aber nicht alle. Irgendwann kapiert auch der naivste und treuste Apologet, dass er angeschmiert wird. Dann halten nur noch die zum Verbrecher, die selber welche sind. Dann ist die Bevölkerung nicht mehr bereit, auf dieser Linie mitzumarschieren. Wann dieser Punkt in Russland erreicht sein wird, weiß man leider nicht, aber ich hoffe inständig, es wird nicht mehr allzulange dauern. Ich bedaure im Moment und zum ersten Mal im Leben sehr, keine Christin zu sein. An die Hölle glauben zu können, würde mir gerade sehr viel Trost bieten, aber das nur nebenbei. Ein wenig Trost, den Hauch eines Hoffnungsschimmers bietet gerade weiß-blau-weiß – eine wunderschöne Farbkombination!

Bis der Albtraum zu Ende ist können wir, so für uns und um unsere Wut abzureagieren, nicht viel mehr tun, als Wladi den Schrecklichen so verächtlich zu machen, wie er tatsächlich ist. Ich schlage deshalb als kleinen Beitrag vor, seinen Namen in Zukunft nur noch französisch auszusprechen. Wer nicht weiß, warum, sollte das genau gleich ausgesprochene Wort „putain“ im Wörterbuch nachschlagen. Was würde passieren, wenn die ganze Welt in verächtliches Lachen ausbricht, sobald Monsieur Putin eine seiner Lügen loslässt? Leider fällt mir kein französisches Pendant für Monsieur Lawrow ein, der ja auch gern schlechte Scherze macht und obszöne Witze erzählt, dass sich die Balken biegen. Wenn er nur den Mund aufmacht, sollte man sich, zum Beispiel in der UN-Vollversammlung, auf die Schenkel klopfen vor Lachen, denn einer ernsthaften Erwiderung sind seine Auslassungen ohnehin nicht würdig.

PS. Wissen Sie, was „dieser Scheißkrieg“ auf französisch heißt? Cette putain de guerre! Das trifft die Sache doch ziemlich gut, oder?

PPS. An dieser Stelle möchte ich gern auf einen Beitrag bei den „Alten Schachteln“ hinweisen, in dem es darum geht, weshalb mir dauernd das klassische ceterum censeo durch den Kopf geht. Sie können den Artikel hier lesen.