Renates Kolumne: Zu schön, um wahr zu sein

| Renate Dehner
Täglich ringe ich mit der Weltgeschichte. Das ist insofern wörtlich zu verstehen, als sich mein Zugang zur Weltgeschichte hauptsächlich durch die morgendliche Lektüre der Zeitung gestaltet. Ich nehme dafür mit unendlicher Altersweisheit und nachsichtig lächelnd in Kauf, dass sich ein Großteil meiner Familie heimlich oder unheimlich über mich lustig macht. Die finden das altmodisch, pfff…
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Die Zeitungen, die ich lese, haben ein verdammt unhandliches Format. Haben Sie schon einmal mit den Seiten der SZ oder FAZ gekämpft, während Sie gleichzeitig versucht haben, ein Butterbrötchen so zu jonglieren, dass es nicht mit der Butterseite irgendwo landet, wo Sie es gar nicht haben wollen? Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie widerspenstig und unkooperativ sich die Zeitungsseiten verhalten, wenn es darum geht, sie irgendwie so zu falten, dass man gleichzeitig den Artikel lesen und seine Teetasse zum Mund führen kann? Ganz davon abgesehen, dass kaum ein Buttermesser sich davon abhalten lässt, sich auf dem Papier zu verewigen, es will halt auch mal in die Zeitung. Es ist ein beständiger Kampf Davids – das bin in dem Fall ich - gegen Goliath, die übermächtige Presse.

Inzwischen ist zu meinen Kämpfen gegen die Tücke des Objekts noch eine weitere Schwierigkeit dazugekommen. Schon frühmorgens muss ich die Kunst trainieren, im richtigen Moment und schnell genug die Augen zu verschließen. Man sollte meinen, das kann nicht so schwer sein – wir verschließen ja alle sehr gern vor allen möglichen Dingen die Augen. Ich nehme mich da gar nicht aus, also sollte ich geübt sein. Aber in diesem speziellen Fall muss es sehr, sehr schnell gehen und dann muss ich die Augen auch noch blitzschnell auf einen anderen Punkt in der Zeitung richten. Da darf nichts schief gehen, sonst bin ich für den restlichen Vormittag aber sowas von bedient!

Ich sehe durchaus ein, dass man über den orangefarbenen Pavian berichten muss, hilft ja nix. Aber müssen diese Zeitungsmenschen tagtäglich auch noch sein Foto auf das unschuldige Papier drucken? Und zwar, Papier ist ja bekanntlich geduldig, oft genug mehr als nur einmal in einer Ausgabe? I know, he is the best looking guy ever und sein gutes Aussehen wird nur noch durch die Höhe seines Intelligenzquotienten getoppt. Aber what too much is, is too much! Soviel Schönheit hält ja kein rechtschaffener Mensch aus. Und jetzt kommt das Verhängnis auch noch im Doppelpack! Donald Duck-Face und Mister X! Müssen uns diese beiden Schönheiten in ihrem vollen Glanze echt zu jedem Frühstück serviert werden? Schlimm genug, dass man alle Hände voll damit zu tun hat, die Nachrichten zu verdauen, für die sie verantwortlich zeichnen, und die einem glatt den Appetit verderben. Die Bilder geben einem echt den Rest. Da kommt einem doch das Honigbrötchen zurück in die Speiseröhre! Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, eine Petition zu starten oder zumindest flammende Leserbriefe zu veröffentlichen mit dem Appell, einem wenigstens den Anblick zu ersparen, wenn einem der Rest schon nicht erspart bleiben kann. Ehrlich, ich kann diese Bilder nicht mehr sehen!

Warum haben unsympathische Menschen mit ihren Galgenvogel-Gesichtern eigentlich trotzdem so einen Erfolg? Man sieht es ihnen doch schon an! (Lesen Sie dazu den erhellenden Beitrag einer alten Schachtel „Von Ratten und Menschen“) Das Problem betrifft übrigens nicht nur die Politik in fernen Ländern. Augen auf, kann ich nur sagen!