Stressoren, die Sie kennen sollten: Teil 3 „Streng dich an“
Die Psychologie hinter dem Drang zur Anstrengung
Um den Ursprung dieses Verhaltensmusters zu verstehen, wenden wir uns wie in den vorherigen beiden Teilen der Transaktionsanalyse zu, einem Ansatz zur Erforschung von Interaktionen und Persönlichkeitsstrukturen, entwickelt von Eric Berne. Innerhalb dieses Rahmens ist der „Streng dich an“-Antreiber einer von mehreren klassischen Stressoren. Diese Antreiber sind nicht etwa Motivatoren, sondern vielmehr der Ursprung von Stress und Unbehagen.
Bereits in jungen Jahren werden uns durch Eltern oder andere Bezugspersonen bestimmte Verhaltensweisen anerzogen. Beim „Streng dich an“ wird der Stressor oft vermittelt, indem ein Kind häufig zu hören bekommt: „Du musst dich mehr anstrengen, damit du Erfolg hast.“ Doch wenn das Kind dann beispielsweise nur so tut, als würde es sich anstrengen, aber unter seinem Mathebuch heimlich Harry Potter liest, heißt es bei der nächsten schlechten Mathenote: „Naja, wenigstens hast du dich angestrengt“. Dadurch wird die Anstrengung über den Erfolg gestellt. Solche Aussagen prägen das Verhalten des Kindes und führen oft zu einem lebenslangen Muster: der ständige Drang, sich unermüdlich anzustrengen, auch wenn die Aufgabe nicht den eigenen Talenten entspricht.
Die Konsequenzen des Stressors „Streng dich an“
Das Muster des „Streng dich an“-Antreibers manifestiert sich im Erwachsenenleben oft durch übermäßige Anstrengung und ein ständiges Gefühl von Überforderung. Dies führt oft dazu, dass Betroffene Aufgaben übernehmen, die ihnen nicht wirklich liegen, und dadurch einen hohen Stresslevel aufrechterhalten.
Ein Beispiel dafür ist eine Freundin, die immer das Gefühl hatte, dass ihre Anstrengung wichtiger ist als das Ergebnis. Obwohl sie in der Schule sehr gut in Deutsch war, hat sie ihre Fähigkeit zu schreiben nie ernst genommen und heruntergespielt. Stattdessen wählte sie einen Studiengang, der viel Organisation erforderte – eine Fähigkeit, die ihr nicht natürlich lag. Das führte zu viel Stress und Unzufriedenheit, bis sie schließlich nach viel Reflexion ihre wahre Leidenschaft für das Schreiben erkannte und erfolgreich als Kulturjournalistin wurde.
Der Weg zur Entspannung: Erlaubnisse erteilen
Die Strategie zur Überwindung dieses Stressors liegt darin, sich selbst die Erlaubnis zu erteilen, Erfolge zu feiern und auf die eigenen Talente zu vertrauen. Das Setzen von klaren Prioritäten und das Anerkennen von Leistungen, die ohne übermäßige Anstrengung erreicht wurden, sind dabei essenziell. Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle dabei, ihre Mitarbeitenden darin zu bestärken und ihnen den Rückhalt zu geben, den sie benötigen, um ihre eigenen Talente zu erkennen und zu fördern.
Ein Beispiel: Durch gezieltes Coaching konnte die oben genannte Freundin lernen, ihre Talente anzuerkennen und sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die ihr natürlich lagen. Diese neuen Fähigkeiten führten nicht nur zu einer Reduzierung ihres Stresses, sondern verbesserten auch ihre Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit im Job.
Mehr Gelassenheit im Berufsleben
Indem wir uns mit unseren inneren Antreibern auseinandersetzen und lernen, uns fehlende Erlaubnisse zu erteilen, ebnen wir den Weg zu mehr Gelassenheit. Für Führungskräfte bedeutet dies zudem eine Chance zur Förderung eines gesünderen Arbeitsumfelds und zur Steigerung der organisationalen Resilienz. Weniger gestresste Mitarbeitende tragen schließlich zu einem produktiveren und harmonischeren Team bei. Durch bewusste Reflexion und das Setzen persönlicher Prioritäten stärken wir unsere persönliche Resilienz und machen einen Schritt hin zu einem ausgeglicheneren Berufs- und Privatleben.
Wenn Sie mehr Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken, möchten, dann hören Sie gerne in den Business-Podcast von Alice Dehner rein.