Zwei konstruktive Vorschläge für eine bessere Welt

| Renate Dehner
Mit einem Neuen Jahr verbindet man als ein wider alle Evidenz unerschrockener Optimist ja gern die Hoffnung, es möge besser werden als das alte, irgendwie ein bisschen vernünftiger vielleicht.
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Ich habe da zwei sehr vernünftige Vorschläge parat.

Als mehr so, wie soll man das auf neudeutsch ausdrücken, analog orientierte Person bin ich, was social media anbelangt, sozusagen ein funktionaler Analphabet. Ich twittere nicht, bin nicht auf Facebook, habe noch niemals was auf Instagram geguckt und versende nichts auf Whatsapp. Deswegen kann ich aus eigener Erfahrung nicht mitreden, aber als leidenschaftliche Zeitungsleserin weiß ich selbstverständlich Bescheid: Das Netz ist zu einer Hölle des Hasses mutiert, es hagelt Beleidigungen, Beschimpfungen und abstrus dumme Behauptungen, macht selbst vor Morddrohungen nicht Halt und statt Informiertheit und Wissen zu verbreiten, was wohl mal der ursprüngliche Plan war, sorgt es mit seinen Verschwörungstheorien, fake news, deep fake news und alternative facts dafür, dass die Deppen nicht alle werden.

Das Bundesjustizministerium, so kann man dieser Tage der Zeitung entnehmen, plant, um Cyber-Kriminalität an die Kandare zu nehmen, jetzt ein Gesetz, dass alle Unternehmen, die Dienste im Internet betreiben, sowie E-Mail-Anbieter und soziale Netzwerke, die Passwörter ihrer Kunden auf Verlangen an die Sicherheitsbehörden herausgeben müssen. Datenschützer sind höchst alarmiert und fürchten unverhältnismäßige Eingriffe in die Privatsphäre.

Ich habe nun einen konstruktiven Gegenvorschlag zu machen: Warum gründet nicht ein Mensch, der so etwas kann, also über die nötigen informationstechnischen Voraussetzungen verfügt, vielleicht auch über das nötige Geld – ich gebe zu, ich habe keine Ahnung, was es dafür braucht – ein Twitter der Liebenswürdigkeit, der gegenseitigen Unterstützung und der Bereitstellung sachlicher Informationen, die dem Rezipienten weiterhelfen? Ein Facebook der freundlichen Gesichter? Social media, das seinem Namen alle Ehre macht, kein asoziales Netz. Ein Administratoren-Team, oder wie man die Leute nennt, die die Oberaufsicht über solche Netz-Dienste haben, müsste dafür sorgen, dass es, ganz wichtig, keine anonymen Einträge geben darf, denn Anonymität scheint das Schlechteste im Menschen zum Vorschein zu bringen, keine Mails verbreitet werden, die voll sind mit Ausdrücken, die wir unseren Kindern verbieten, und die alles, was schon von weitem nach Verschwörungstheorie riecht, zurückweisen mit der Begründung, das sollte doch erst mal wissenschaftlich überprüft werden.

Dann könnten alle Leute, denen die Hass-Mails und die ganze damit verbundene Kriminalität zum Hals heraushängen, sich vom ursprünglichen Twitter, Facebook und whatnot verabschieden. Dort blieben nur noch die übrig, die gern Mails verschicken, die der normal-anständige Mensch eh nicht lesen will. Die Hass-Mailer könnten sich sodann ungestört untereinander an ihrer Korrespondenz erfreuen und sich mal so richtig austoben. In die neuen Medien kämen sie ja nur noch rein, wenn sie bereit sind, mit ihrem Namen für ihre Inhalte geradezustehen und auf verbalen Unflat zu verzichten.

Mein zweiter Vorschlag speist sich aus einer Nachricht, die aus Japan zu uns kommt. Im berühmten Zen-Tempel Kodaiji in Kyoto gibt es seit Neuestem einen predigenden Computer. Es handelt sich dabei um einen Roboter, der die Gottheit Kannon repräsentiert. Kannon ist dafür zuständig, sich anzuhören, was ihr die Betenden an Belastendem anvertrauen wollen und, bisher mittels Priester, Trost zu spenden. Laut Zeitungsbericht gibt die künstliche Kannon kluge und interessante Weisheiten von sich. Die Zuhörer, so die SZ vom 17. Dezember 19, „lauschen andächtig, und am Ende haben sie einen klugen Text gehört, der davon erzählt, was ein Mensch von der gefühlsleeren Seele eines Roboters lernen kann.“

Was ein japanischer Zen-Priester-Roboter kann, sollte doch für einen christlichen Priester-Roboter auch zu machen sein? Ich plädiere schwer dafür, die christlichen Priester durch solche Roboter zu ersetzen. Man könnte in der katholischen Kirche damit anfangen. Das bietet eine solche Fülle an Vorteilen, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass irgendwer Einwände dagegen erheben kann. Ein solcher Priester hätte zuvörderst einmal gar kein Problem mit dem Zölibat. Missbrauchsvorwürfe kämen niemals wieder vor. Interesse an Prunk und Pomp sind schlechterdings nicht vorhanden, weshalb es niemals wieder zu einem Skandal vergleichbar dem um den Protzbau des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst käme. Roboter haben kein Interesse an Geld, die Finanz-Skandale des Vatikans wären Vergangenheit, außerdem darf man voraussetzen, dass sie kühle Rechner sind, also würden sie sich nicht aus Gier verzocken. Machtstreben dürfte ihnen auch schnuppe sein, sie würden also einfach nur zuverlässig ihre Arbeit erledigen, ohne auf Bischofsmützen oder Kardinalshüte zu schielen.

Wenn man buddhistische Weisheiten in einen Computer programmieren kann, muss das mit der christlichen Lehre doch auch gehen? Sie vermissen dabei die berühmte christliche Nächstenliebe? Je nun… Vorwärts, Informatiker, macht euch an die Arbeit!