Der Bezugsrahmen: unser inneres Gesetzbuch
In der Transaktionsanalyse gibt es den Begriff des „Bezugsrahmens“. Er beschreibt unsere Weltsicht und unsere Selbstsicht, also, wie wir die Welt und uns selbst wahrnehmen. Man kann sich das wie eine Brille vorstellen, durch deren Gläser wir die Realität betrachten:
- Die Tönung dieser Gläser entsteht einerseits durch unsere Werte, andererseits durch unsere Lebenserfahrungen.
- Aus diesen Erfahrungen entwickeln wir Glaubenssätze, ein inneres Gesetzbuch, das uns Sicherheit gibt: „So funktioniert die Welt. So funktioniere ich.“
Ein Teil dieser Glaubenssätze ist bewusst und reflektiert, wie etwa die Vorstellung, was eine „gute Führungskraft“ ausmacht. Andere Teile entstehen unbewusst, oft in der Kindheit, und prägen unser Verhalten nachhaltig. Besonders wirksam sind die sogenannten inneren Antreiber, also Stressmuster, die uns unmerklich steuern. Dieses Gesetzbuch bestimmt, welche Verhaltensweisen uns möglich erscheinen, und welche wir gar nicht erst in Betracht ziehen. Unser Handeln bleibt so in einem gewissen Rahmen gefangen.
Wie sich der Bezugsrahmen verändert
Unser Bezugsrahmen ist nicht in Stein gemeißelt. Er verändert sich mit neuen Erfahrungen. Manchmal passiert das langsam, manchmal plötzlich. Ein Beispiel aus meinem eigenen Leben: Als ich früher in der Kulturszene arbeitete, war ich überzeugt, dass das Wirtschaftssystem vor allem ausbeuterisch und kalt ist. Dieser Glaubenssatz war tief in meinem Bezugsrahmen verankert. Doch während meiner Coachingausbildung lernte ich Führungskräfte kennen, die sich ernsthaft Gedanken um das Wohl ihrer Mitarbeitenden machten. Das passte nicht zu meinem bisherigen Bild.
Zunächst war das nur eine Beule im Bezugsrahmen. Doch mit jeder weiteren Erfahrung, mit jedem Gespräch mit engagierten Führungskräften musste ich mein Bild anpassen. Irgendwann war klar: Meine alte Sichtweise war schlicht zu eng.
Die Frage ist also: Wie offen bin ich für neue Erfahrungen?
- Wer Sicherheit in sich selbst verspürt, ist eher bereit, den Bezugsrahmen zu weiten.
- Wer sehr verunsichert ist, klammert sich häufig an starre Glaubenssätze und wehrt Veränderung ab.
Reframing als Schlüssel zu neuen Möglichkeiten
In der Psychologie spricht man von „Reframing“, wenn man einer Situation eine neue Bedeutung oder einen neuen Kontext gibt. Dadurch entstehen neue Handlungsmöglichkeiten:
- Bedeutungsreframing: Ich gebe einer Erfahrung eine neue Bedeutung.
- Kontextreframing: Ich setze ein Ereignis in einen anderen Zusammenhang und interpretiere es neu.
Beide Formen führen dazu, dass ich plötzlich andere Reaktionsmuster abrufen kann und Probleme, die zuvor unlösbar schienen, in einem neuen Licht sehe. Um das besser zu illustrieren, hier ein Beispiel.
Praxisbeispiel: Aus „Geiern“ wird Anerkennung
Eine meiner Coachees, Marketingleiterin in einem mittelständischen Unternehmen, fühlte sich permanent angegriffen. Sie war von der betreuenden Agentur in dieses Unternehmen gewechselt und übernahm dort die Marketingleitung. Das löste beim Vertriebsleiter Widerstand aus, da er zuvor das Marketing verantwortete. Zusätzlich verschärfte ein starkes Konkurrenzdenken unter den Leitungen den Konflikt um Aufmerksamkeit und Anerkennung durch die Geschäftsleitung. Ihre Kolleginnen und Kollegen machten jeden Vorschlag schlecht. Sie sprach von „Geiern“, die nur darauf warteten, über sie herzufallen. Die Situation belastete sie so sehr, dass sie kaum noch ans Telefon gehen konnte, wenn der Vertriebsleiter anrief.
Im Coaching wurde jedoch klar: Immer dann, wenn ihre Vorschläge gut waren und die Aufmerksamkeit der Geschäftsleitung erhielten, verstärkte sich das „Geierverhalten“ der Kolleginnen und Kollegen. Ich schlug ihr vor, dieses Verhalten nicht mehr als Attacke, sondern als indirektes Kompliment zu deuten. Denn es zeigte, dass sie etwas richtig gemacht hatte. Diese neue Sichtweise veränderte alles. Sie reagierte entspannter, die Kolleginnen und Kollegen wirkten weniger bedrohlich und die Dynamik im Team verschob sich. Ein einfaches Reframing öffnete neue Möglichkeiten im Umgang mit einer festgefahrenen Situation.
Ohne Veränderung des Bezugsrahmens keine Veränderung im Verhalten
Egal ob im Beruf oder im Privatleben: Gehen Sie Probleme immer wieder auf dieselbe Weise an, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn es immer wieder scheitert. Eine echte Veränderung setzt voraus, dass wir unseren Bezugsrahmen hinterfragen und erweitern.
- Welche Glaubenssätze bestimmen Ihr Handeln?
- Wo blockieren Sie sich selbst durch alte Überzeugungen?
- Und welche neue Bedeutung könnten Sie einer Situation geben, um mehr Möglichkeiten zu sehen?
Wenn Sie das Gefühl haben, in einem Problem festzustecken oder im Umgang mit anderen immer wieder an dieselben Grenzen zu stoßen, lohnt sich ein Blick auf Ihren Bezugsrahmen.
Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, welche neuen Sichtweisen für Sie möglich sind und welche Chancen sich dadurch eröffnen. Informieren Sie sich jetzt auf unserer Website über unsere Angebote oder vereinbaren Sie direkt ein unverbindliches Erstgespräch.
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