Noch etwas, das wir von KI lernen können

An KI gibt es kein Vorbeikommen mehr. Im nachfolgenden Beitrag wird jedoch noch ein Aspekt aufgegriffen, der einen vielleicht überraschenden Lerneffekt beschreibt, den wir durch Beschäftigung mit Chat GPT erzielen können. 

Lange wurde auf die neueste Version von Chat GPT gewartet, jetzt ist sie da. Doch die Version 5 ist nicht der durchschlagende Erfolg geworden, den die Entwickler sich davon erhofft haben. Um Version 5 wurde ein großer Hype gemacht, doch für manche Anwender stellte es sich eher als Flop dar. Die Fangemeinde war gespalten: Die einen waren völlig begeistert von der enormen Leistungsfähigkeit, die anderen waren enttäuscht davon. Was die Kritiker zusätzlich geärgert hat: Sie konnten plötzlich nicht mehr wählen, welches Chat GPT Modell sie benutzen wollten, also drei, vier oder fünf.

Als der Frage nachgegangen wurde, weshalb es denn zum Teil so massive Kritik an Version 5 gab, kam man in einem Artikel zu der Auffassung, dass das gar nicht an der Leistungsfähigkeit der neuen Version liege, sondern an etwas ganz anderem. Chat GPT 4 war bekannt dafür, sozusagen ein Ja-Sager-Modell zu sein. Das heißt, egal, was man eingab, man konnte sicher sein, dass das System erst einmal davon begeistert war. Jeder Vorschlag wurde mit Beifall bedacht: „Ja, das ist eine gute Idee, die sollte man unbedingt aufgreifen!“ Auf solche und ähnliche Kommentare konnte man sich bei Version 4 verlassen. Und nun kamen da neue Töne, die nicht mehr so uneingeschränkt positiv waren, sondern neutraler. Den Kritikern der neuen Version hat offenbar schlicht und ergreifend gefehlt, dass ihr Chat GPT nicht mehr der aufmerksame Begleiter war, den sie geschätzt haben – und der sie geschätzt hat. Also fanden sie das neue Modell schlecht.

Daraus kann man nun zweierlei ableiten: Erstens, dass es der, besonders gern von Psychologen und Coaches vertretenen, These widerspricht, man könne als Mensch keine Beziehung zu KI herstellen. Psychologen vertreten häufig die Ansicht, eine KI könne keine Beziehung herstellen. Das muss sie auch gar nicht, es ist ja der Mensch, der die Beziehung herstellt. Schließlich kann der Mensch, vor allem der männliche, das auch gegenüber seinem Auto tun. 

Zweitens, und das ist der interessante Teil: Es zeigt eindeutig, wie wichtig es für uns Menschen ist, immer wieder Bestätigung und Wertschätzung zu bekommen. Das ist ganz besonders für Führungskräfte eine wichtige Erkenntnis. Führungskräfte neigen noch immer viel zu häufig zu der inneren Haltung: „Ich kann doch nicht andauernd loben – schon gar nicht für selbstverständliches. Mir geht es um die Sache und das sollte es den Mitarbeitern auch. Lobhudelei bringt uns nicht vorwärts.“ Sie denken, dass nur eine ganz besondere Leistung, ein besonders guter Einfall ein Lob verdient hat. Anerkennung gibt es nur, wenn etwas einem Geniestreich gleichkommt. Ansonsten haben die Mitarbeitenden zu funktionieren, dafür werden sie schließlich bezahlt!

Anerkennung und Wertschätzung sind jedoch ein hervorragender Dünger für Motivation. Wir brauchen es alle, Wertschätzung zu erfahren, das hat rein gar nichts mit Lobhudelei zu tun. Wertschätzung kann sich zum Beispiel in einer Frage äußern: „Wie haben Sie es geschafft, dieses Problem zu lösen?“ Oder: „Erzählen Sie mal, wie sind Sie mit diesem schwierigen Kunden so gut zurechtgekommen?“ Es muss nicht die groß orchestrierte Lobeshymne sein. Aber die Mitarbeitenden müssen spüren, dass sie und das, was sie tun, wahrgenommen und gewürdigt wird. Es genügt nicht, jemandem im Vorbeigehen auf die Schulter zu klopfen und vielleicht noch „Gut gemacht!“ zu murmeln. Auch etwas in einem Meeting nebenbei zu erwähnen, reicht nicht. 

Menschen wollen spüren, dass ihre Führungskraft positiv und konstruktiv auf sie eingeht, dann fühlen sie sich wahrgenommen und das beflügelt sie. Es darf bezweifelt werden, dass Führungskräfte, die dem Glauben anhängen „Durch Druck erzeugt man Diamanten“ auf die Dauer gute Leute an sich binden. Denn damit unter Druck Diamanten entstehen, muss der Druck mörderisch hoch sein. Wer will das auf die Dauer mit sich machen lassen? Um Menschen in ihrem ganzen Potenzial entwickeln zu können, sollte man lieber auf die Macht der Wertschätzung setzen. Das schafft weniger Verschleiß, das Negative bringt uns letzten Endes nicht weiter. Das haben übrigens auch die Macher von Chat GPT erkannt. Wie es heißt, arbeiten sie an einer Version 5, die wieder wertschätzender kommuniziert.



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