Der unsichtbare Filter: Was ist ein Bezugsrahmen?
Der Begriff stammt aus der Transaktionsanalyse und beschreibt nichts anderes als unser inneres Gesetzbuch. Es besteht aus unserer Weltsicht, unserer Selbstsicht, unseren Werten und Glaubenssätzen. Alles, was wir erleben, ordnen wir durch diesen Filter ein, und daraus ergeben sich unsere Handlungen. Klingt sinnvoll? Ist es auch. Doch dieser Bezugsrahmen bringt drei fundamentale Probleme mit sich:
- Wir reden in Worthülsen. „Das ist viel Arbeit“, „gutes Projektmanagement“ oder „mehr Wertschätzung“: All das sind Begriffe, die für jeden etwas anderes bedeuten. Ohne Nachfragen entstehen hier schnell Missverständnisse.
- Wir rasten ein. Haben wir eine ähnliche Situation schon erlebt, ordnen wir sie blitzschnell in eine bekannte Schublade ein. Menschen werden vorschnell abgestempelt, ohne dass wir prüfen, ob es diesmal vielleicht anders ist.
- Wir verwechseln subjektiv mit objektiv. Wir glauben, unser Bezugsrahmen sei allgemeingültig. In Wahrheit gibt es so viele Bezugsrahmen wie Menschen – und keiner gleicht dem anderen.
Das Dilemma: Wenn Wertschätzung nach hinten losgeht
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Führungskraft-Coachee wollte seiner jungen Mitarbeiterin mehr Wertschätzung zeigen. Er lobte sie regelmäßig auf differenzierte, ernst gemeinte und freundliche Weise. Doch statt positiver Resonanz erntete er Widerstand. Sein Urteil: „So eine, der kann man es nie recht machen.“ Die Ursache lag jedoch nicht bei der Mitarbeiterin, sondern bei der Worthülse „Wertschätzung“. Für ihn bedeutete Wertschätzung Lob. Für sie hingegen bedeutete es Zuhören – echtes, aktives Zuhören – und gelegentlich nach ihrer Meinung gefragt zu werden. Zwei völlig verschiedene Welten, zwei verschiedene Bezugsrahmen. Erst als die Führungskraft verstand, was ihr Bezugsrahmen von Wertschätzung war, veränderte sich das Verhältnis grundlegend.
Führung heißt, zu fragen
Wenn Sie Führung ernst nehmen, müssen Sie lernen, mehr über den Bezugsrahmen Ihrer Mitarbeitenden herauszufinden. Das gelingt vor allem durch drei Strategien:
1. Aktives Zuhören statt Geschichten erzählen
Hören Sie wirklich hin, was Ihr Gegenüber sagt, statt sofort eigene Beispiele oder Lösungen einzubringen. So gewinnen Sie wertvolle Einblicke in die Denk- und Gefühlswelt der anderen.
2. Worthülsen hinterfragen
Wenn ein Mitarbeitender „mehr Feedback“ möchte, fragen Sie konkret nach: In welcher Form? Schriftlich oder mündlich? Regelmäßig oder anlassbezogen? Nur so erfahren Sie, was wirklich gemeint ist.
3. Werte und Glaubenssätze erkennen
Werte zeigen sich immer dort, wo es emotional wird, sei es in Form von Begeisterung oder Ärger. Glaubenssätze wiederum verraten sich in Formulierungen wie „Man muss doch …“ oder „Natürlich ist es so, dass …“. Wer diese Signale erkennt, versteht schneller, was Mitarbeitende antreibt oder blockiert.
Der Perspektivwechsel: vom General zum Navigator
Führungskräfte machen oft den Fehler, ihren eigenen Bezugsrahmen ungeprüft zu übertragen. „Wertschätzung heißt Lob, also gebe ich Lob.“ Doch das ist eben die Falle. Wirkungsvolle Führung heißt, den Bezugsrahmen der anderen zu erkennen und situativ darauf einzugehen. Schaffen Sie es, die Brille des anderen aufzusetzen, vermeiden Sie Missverständnisse, setzen Motivation frei und entschärfen Konflikte.
Fragen Sie sich also bei der nächsten Schwierigkeit:
- Welche Worthülse habe ich unreflektiert übernommen?
- Habe ich mein Gegenüber vorschnell in eine Schublade gesteckt?
- Gehe ich davon aus, dass mein Blick auf die Dinge allgemeingültig ist?
Die ehrliche Antwort darauf könnte der Schlüssel zu einer völlig neuen Qualität von Führung sein.
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