Laut Umfragen fühlen sich zwar immer noch viel zu viele Mitarbeitende von ihren Führung skräften nicht ausreichend gewürdigt oder auch nur wahrgenommen, doch gibt es auch immer mehr Chefinnen und Chefs, die ihre Führungsaufgaben ernst nehmen, nicht nur Anweisungen und Direktiven vorgeben wollen, sondern für die Mitarbeiterentwicklung ein wichtiger Teil ihres Jobs ist. In Führungstrainings und Coachings stellt sich dabei immer wieder heraus, dass den Teilnehmenden nicht klar ist, welche wichtige Rolle Fragen spielen.
Es werden viel zu wenig Fragen gestellt.
Von den Mitarbeitenden Lösungen einfordern, wenn es ein Problem gibt, ist eine gute Sache. Aber es genügt nicht. Besonders wenn Lösungen vorgeschlagen werden, die unbrauchbar sind, reicht es nicht, diese Vorschläge abzulehnen und doch selbst die richtigen Vorgehensweisen darzulegen. Gerade wenn ein vorgeschlagener Lösungsweg aller Erfahrung nach in die Irre führen würde oder aus anderen Gründen nicht praktikabel ist, sollten Chefin oder Chef nachfragen, was die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter dazu gebracht hat, das für eine richtige Vorgehensweise zu halten. Denn nur so erfährt man etwas über die Denkweise der Mitarbeitenden. Wenn man die Frage stellt: „Was genau hat Sie bewogen, sich für einen solchen Weg zu entscheiden?“ oder „Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dass wir das Problem so lösen könnten?“ wird erkennbar, an welcher Kreuzung die Gedanken des Mitarbeiters, der Mitarbeiterin falsch abgebogen sind und man kann mit ihnen daran arbeiten, dass sie verstehen, wie man die Dinge anders handhaben muss, damit das in Zukunft nicht wieder passiert.
Bei den Fragen, die Führungskräfte stellen sollten, gibt es ein wichtiges Ziel: Die Mitarbeitenden anzuregen, zu neuen Überlegungen zu kommen. Das dauert natürlich seine Zeit, deshalb sollten Führungskräfte geduldig sein. Auch wenn ihnen selbst die Antworten, die sie erwarten, ganz offensichtlich scheinen: Es bringt leider keinen großen Fortschritt, wenn man den Mitarbeitenden mit einer sofort nachgeschossenen Frage „auf die Sprünge“ helfen will. Auch „multiple choice“ – Fragen anzubieten, um eine raschere Antwort zu generieren, bringt nichts. Wenn das Beantworten einer Frage Zeit kostet, wenn man auf die Antwort warten muss, dann ist das gerade ein Zeichen dafür, dass es sich wohl um eine gute Frage gehandelt haben muss.
Viele Führungskräfte, die an rasche Entscheidungen, an schnelles Handeln gewöhnt sind, halten solche Pausen zum Nachdenken nur schwer aus. Sie sind aber wichtig, nur so lernt die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter, worauf es bei diesem speziellen Problem oder in dieser speziellen Situation ankommt. Ein Seminarteilnehmer hat die Wichtigkeit von Geduld beim Fragen einmal auf die flappsige, aber griffige Formel gebracht: „Beim Mitarbeitergespräch gilt FF!“ Er erläuterte das mit „Fragen stellen, Fresse halten“. Man kann es eleganter ausdrücken, aber es trifft im Wesentlichen die Sache.
Noch einmal ein Hinweis auf die inzwischen eigentlich allseits bekannten Frage-Arten: Offene Fragen und geschlossene Fragen. Offene Fragen lassen viel Raum und dienen deshalb der Informationsgewinnung. Die Frage: „Was bringt Sie auf diese Idee?“ bringt mehr Informationen zutage, als wenn man fragt: „Dachten Sie, das sei aus Grund xxx richtig? Oder wollten Sie xyz ausprobieren?“
Geschlossene Fragen haben durchaus auch ihren Sinn, aber sie dienen zur Informationsabsicherung, nicht zu deren Gewinnung. Wenn man einiges vom Mitarbeitenden gehört hat, kann man zum Beispiel fragen: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie aus folgenden Gründen a, b und c zu Ihrer Lösung gekommen sind?“ Besonders gegen Ende eines Gespräches sind geschlossene Fragen von Wert, damit es nicht zu unnötigen Missverständnissen kommt.
Dass solche Prozesse Zeit kosten, steht außer Frage. Wenn Sie sich als Führungskraft jetzt fragen, wo Sie die hernehmen sollen, gibt es auch dafür eine Reihe hilfreicher Fragen. Die am häufigsten gehörte Klage, was Zeitfresser im Job betrifft, bezieht sich auf die Unmenge an Meetings, die zum Führungsalltag zu gehören scheinen. Dazu kann man sich zum Beispiel fragen: „Bei welchen Meetings muss ich wirklich dabei sein? Genügen mir nicht vielleicht Protokolle?“ „Muss ich bei jedem Meeting wirklich von Anfang bis Ende anwesend sein, oder genügt vielleicht die eine halbe Stunde, die meine Arbeit tatsächlich betrifft und danach kann ich mich verabschieden und die anderen in Ruhe weiterarbeiten lassen?“ „Wer meiner Mitarbeitenden könnte in das Meeting gehen und mich vertreten?“
Andere Fragen betreffen das eigene Zeitmanagement ganz allgemein, darüber ein anderes Mal.
Lernen Sie Ihre Fragetechniken zu verfeinern und immer mehr die coachende Haltung in der Führung zu nutzen in unserer Weiterbildung „ACT – Die Führungskraft als Coach“.