Achtsamkeit, Resilienz und Stress – mehr Souveränität und mentale Stärke erlangen

Achtsamkeit ist einer der großen Trendbegriffe unserer Zeit. Die einen üben sich täglich darin, die anderen können es nicht mehr hören. Gleichzeitig beobachten wir jedoch, wie der Stresslevel in unserer Gesellschaft immer weiter steigt. Das zeigen auch brandaktuelle Zahlen aus dem „State of the Global Workplace 2023“ Report von Gallup. Daraus geht hervor, dass der Stresslevel der Arbeitnehmenden hierzulande seit dem letzten Jahr um zwei Prozentpunkte auf 42 Prozent zugelegt hat und damit über dem europäischen Durchschnitt liegt.
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Derzeit erleben wir viele Unternehmen, die in einer Wachstumsphase sind, jedoch nicht genügend qualifizierte Mitarbeitende finden. Dadurch wird immer mehr Arbeit auf die gleichen Schultern verteilt, was zu enormem Druck und Stress bei den Mitarbeitenden führt. Dies wiederum bedingt Ausfälle und eine hohe Fluktuation, wodurch noch weniger Schultern zur Verfügung stehen, um die Aufgaben zu bewältigen. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele dafür, warum Mitarbeitende, aber auch Führungskräfte sich zunehmend gestresst fühlen. In unserer schnelllebigen und krisengebeutelten Zeit wird der Ruf nach mehr Resilienz immer lauter – und in diesem Zusammenhang rückt ebenfalls die Achtsamkeit in den Fokus. Im Folgenden richten wir den Blick auf Stress, Resilienz und Achtsamkeit.

Der Umgang mit Stress: Priorisierung und innere Gedanken

Stress entsteht nicht nur durch die hohe Arbeitsbelastung an sich, sondern auch durch die Bewertungen und inneren Gedanken dazu. Jedem von uns stehen 24 Stunden am Tag zur Verfügung – ob nun Geschäftsführender, Führungskraft im mittleren Management oder Mitarbeitender. Die Frage ist somit: Was machen wir mit dieser Zeit? Wenn die Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben, nicht in diese 24 Stunden passen, dann gilt es zu priorisieren. Oft fürchten wir, Aufgaben nach unten zu priorisieren und nicht rechtzeitig erledigen zu können. Wir entwickeln vielleicht sogar Horrorvorstellungen davon, wie die Führungskraft, Kollegen und Kolleginnen oder Kunden darauf reagieren werden und welche Konsequenzen es haben könnte. Oder, wenn wir an der Unternehmensspitze sind, dass sogar das Unternehmen den Bach heruntergeht, wenn wir etwas gar nicht oder nach unten priorisieren.

Oft stehen uns auch die eigenen Bewertungen im Weg. Das heißt, wir sehen einen Berg an Arbeit vor uns und haben keine Lust, uns damit auseinanderzusetzen. Wir lenken uns lieber ab und erledigen weniger wichtige Aufgaben, weil wir den Berg als unangenehm, zu viel und belastend bewerten. Prokrastination, das Aufschieben von Aufgaben, basiert oft auf unseren Gedanken und Bewertungen. Wir fangen allerdings erst dann an, etwas zu vermeiden, wenn wir es als unangenehm oder nicht richtig für uns bewerten. Diese Bewertungen stehen uns häufig im Weg und verhindern eine effektive Priorisierung und einen inneren Frieden. Der Stress, der sich in uns aufbaut, liegt zum Teil an zu viel Arbeit, aber noch viel mehr daran, wie wir diese bewerten und welche Gedanken wir dazu haben.

Die Bedeutung von Resilienz: Mit Veränderungen umgehen

Resilienz ist die Fähigkeit, auf Veränderungen und widrige Umstände reagieren zu können, ohne zu verzweifeln oder gelähmt zu sein. Es geht darum, aktiv mit Situationen umzugehen und sie zu gestalten, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken oder zu verzweifeln. Unsere Bewertungen, Gedanken und inneren Ängste stehen uns oft im Weg, wenn es darum geht, resilient zu sein. Ein Beispiel: Eine Fachkraft, die bereits über 50 ist, verliert ihren Job. Die Art und Weise, wie jetzt mit dieser Situation umgegangen wird, kann sehr unterschiedlich ausfallen. Während eine Person darin eine Chance sieht, etwas Neues auszuprobieren und motiviert nach einem neuen Job sucht, entwickelt eine andere Person negative Gedanken und fühlt sich zu alt und unattraktiv für den Arbeitsmarkt. Die Bewertungen, Gedanken und Ängste spielen ebenso wie beim Stress auch eine Rolle, wenn es um unsere Resilienz geht und wie wir mit schwierigen Situationen umgehen.

Achtsamkeit: Im Hier und Jetzt sein

Achtsamkeit ist die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu sein. Doch was bedeutet das genau? Es heißt, die Wahrnehmung wirklich auf die Situation in diesem Moment zu lenken, wahrzunehmen, was jetzt gerade passiert und nicht mit den Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft unterwegs zu sein. Oft handeln wir auf Grundlage der Vergangenheit, da dort unsere Bewertungen verhaftet sind. Wir halten uns an all dem Schlimmen und Schrecklichen fest oder projizieren es als Horrorszenario in die Zukunft und glauben, dass es unvermeidlich so eintreffen wird. Wenn wir auf dieser Basis agieren, ist es kein Wunder, dass unser Handeln nicht souverän ist.

Im Rahmen eines Introvision Coachings üben wir Achtsamkeit. Die Methode des Introvision Coachings dient dazu, innere Blockaden gezielt aufzulösen und stressfreier sowie souveräner in Situationen auftreten zu können, die zuvor massiven Stress verursacht haben.

Letztlich dient die Achtsamkeit auch der Erhöhung der Resilienz und nachhaltigen Befreiung von Stress. Um Blockaden auflösen zu können, benötigen wir etwas, das wir als „weite Wahrnehmung“ bezeichnen – im Prinzip gleicht das der Achtsamkeit. Wir üben diese, indem wir den Unterschied zwischen einer weiten und einer fokussierten Wahrnehmung herausarbeiten.

Weite und fokussierte Wahrnehmung

Normalerweise nehmen wir Dinge sehr fokussiert wahr und bewerten sie aus dieser Perspektive. Alles, was rechts und links geschieht wird ausgeblendet, was einen Informationsverlust zur Folge hat. Bei der weiten Wahrnehmung versuchen wir hingegen, mehr auf einmal wahrzunehmen und sind mit voller Aufmerksamkeit im beobachtenden Moment. Wenn wir uns dies visuell vorstellen, verschwimmen zwar kleine Details, aber im gesamten achten wir auf viel mehr.

Ein anschauliches Beispiel ist, wenn man mit dem Auto auf einer verengten Fahrbahn in einer Baustelle einen Lkw überholt. Fokussiert man jetzt den Lkw kommt man zu nah an die Leitplanke und umgekehrt. Stattdessen sollte man den Fokus weit stellen, die Augen nach vorn in Fahrtrichtung richten und sowohl den Lkw als auch die Leitplanke im peripheren Blickfeld behalten. So wird das Überholmanöver gelingen, auch wenn Details, wie das Nummernschild des Lkw oder die Farbe der Leitplanke nicht wahrgenommen werden.

Um die weite Wahrnehmung zu trainieren, stellen wir uns auch gerne mit den Coachees ans Fenster und richten den Blick auf eine belebte Kreuzung. Zunächst nimmt man einzelne Dinge auf der Kreuzung fokussiert wahr und beobachtet die dabei auftauchenden Gedanken. Im nächsten Teil der Übung versuchen wir die Wahrnehmung zu weiten und den gesamten Straßenabschnitt zu erfassen, ohne die Augen von der Straße abzuwenden.

Oft stellen Coaches fest, dass die fokussierte Wahrnehmung dazu führt, dass Situationen bewertet werden. Beispielsweise, wenn ein Kind über die Straße läuft. Dann kommen sofort Gedanken auf: Was macht das Kind da allein auf der Straße, wieso ist es nicht in der Schule, schwänzt es den Unterricht, macht es sich Gedanken über die Zukunft usw. Die Gedanken sind somit bewertend. Die weite Wahrnehmung indessen führt dazu, dass man mehr beschreibt. Die Gedanken sind eher: Ein rotes Auto fährt von rechts nach links, ein Fußgänger überquert die Straße, ein Fahrradfahrer klingelt. Genau das passiert, wenn wir achtsam sind. Wir sind wirklich im Moment und nehmen mehr auf einmal wahr, was für emotionale Entlastung sorgt. Die Technik der weiten Wahrnehmung ist ein Werkzeug, um Achtsamkeit im Alltag zu üben und mehr Resilienz aufzubauen. Durch bewusstes Beobachten unserer Gedanken und einer objektiveren Betrachtung der Situation können wir lernen, stressige Situationen gelassener anzugehen, weil wir nicht bewerten, was wir wahrnehmen. Das innere Horrorkino ist vielleicht noch da, aber wir wissen, dass es nur ein Film ist.

Fazit: Achtsamkeit reduziert Stress und stärkt die Resilienz

Im Rahmen des Introvision Coachings trainieren wir achtsamer zu sein, um gezielt Blockaden aufzulösen. Es gibt generell viele verschiedene Ansätze und Programme, wie das MBSR, die dabei unterstützen, Achtsamkeit zu üben und eine achtsame Haltung zu entwickeln. Zusammenfassend hilft Achtsamkeit, Stress abzubauen und die eigene Resilienz zu stärken. Durch das Training und die Anwendung der weiten Wahrnehmung können wir lernen, Situationen objektiver zu betrachten und weniger persönlich zu nehmen. Dies kann zu mehr Souveränität und weniger Stress im Businessalltag führen. Es lohnt sich, verschiedene Ansätze und Programme zur Achtsamkeitspraxis auszuprobieren und das herauszufiltern, was am besten zu den individuellen Bedürfnissen passt.

Im Business Podcast von Alice Dehner gibt es noch viele weitere Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken.