Entschuldigen Sie mein Latein...

| Alice Dehner
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Twittern war ja eigentlich mal eine ganz handelsübliche Beschäftigung. Nichts groß dabei. Viele einwandfrei ehrenwerte Menschen twitterten. Es gab stinklangweilige Tweets (die meisten) und es gab sehr interessante Tweets und lustige und wichtige und aktuelle und politische und jetzt gibt es, na Sie wissen schon… Twittern hat plötzlich so was Anrüchiges bekommen, seit der A…mtsinhaber auf dem mächtigsten Stuhl der Welt mittels hundertvierzig Zeichen die Menschheit das Fürchten lehrt.

Eigentlich soll man mit dem Entsetzen keinen Scherz treiben. Und eigentlich hängt einem ja der von der Lachnummer zum Gruselclown mutierte „Dekretin“, wie ihn die Welt so anschaulich bezeichnete, zum Hals heraus, deshalb mache ich es auch kurz, versprochen! Aber als ich las, wie der Original Account des oben erwähnten A…mtsinhabers lautet, trat machtvoll eine Assoziation in mein Bewusstsein. Das ist nämlich @POTUS, wobei Potus steht für, Sie ahnen es, President Of The United States. Können Sie sich noch an den uralten Schülerwitz erinnern, in dem das Lateinische verballhornt wurde mit der Frage, wer den Spruch: „Datis epis potus Colonia“ übersetzen könne? (Hier die Übersetzung für alle diejenigen aus der jüngeren Generation, die nicht wissen, wie ehrwürdig wir damals gelacht haben: Das ist ein Pisspott aus Köln.) Und Pisspott, das ist doch eine Assoziation auf die man in dem Zusammenhang kommen kann, oder? Nicht nett, aber entschuldbar. Etwas, das auf den derzeitigen Potus nicht zutrifft - nicht nett stimmt zwar schon, entschuldbar definitiv nicht!

Wenn man schon dabei ist, kommen einem natürlich noch mehr gebildete Wortbildungen in den Sinn - wird der Möchtegern-Nero aus dem Oval Office am Ende seiner Amtszeit als Potus ridiculus in die Geschichte eingehen? Oder doch eher als Potus horribilis? Weil es ihm womöglich gelingt, die Welt in Brand zu stecken? Warten wir es ab, mehr bleibt uns ja sowieso nicht übrig.

Aber da wir schon bei der Beherrschung von Fremdsprachen sind, nun noch schnell einen Blick in mein dickes, dickes Langenscheidt Großwörterbuch geworfen, das kann ich mir nicht verkneifen. Es ist dies die völlig neubearbeitete Auflage von 2001, eine Zeit also, als die Welt noch in gnädiger Unkenntnis darüber war, welchen Niedergang das mächtigste Amt der Welt einmal würde erleben müssen, weshalb Langenscheidt erhaben ist über den Verdacht der Voreingenommenheit. Da steht nun also schwarz auf weiß unter „trump up“: „Erdichten, erfinden, sich etwas aus den Fingern saugen“. Von fake news, postfaktisch oder alternative truth hatten die damals noch gar keine Ahnung - und trotzdem, welch ein Weitblick! Bewunderungswürdig! Und wissen Sie, was eine „trumpery“ ist? Das ist „etwas Billiges, Wertloses, Plunder“, auch figurativ gebraucht als „Gewäsch“ oder „Quatsch“. Nomen est omen, man kann es nicht anders sagen! Ach ja, die alten Lateiner, die hatten es schon drauf.

Die alten Griechen aber auch! „Melania“ nämlich, das bedeutet unter anderem „die Dunkle“. Haben Sie schon mal beobachtet, wie unnachahmlich Melania bei jedem Auftritt joie de vivre versprüht? Sähe man ein Barbie-Puppen-Zombie, käme das vermutlich ähnlich lebhaft rüber. Da helfen auch all die weißen Klamotten nicht - eine Lichtgestalt sieht anders aus. Die Eltern sind absolut zu der treffenden Namenswahl zu beglückwünschen, denn wenn es in Melanias Gemüt nicht finster ist, wo dann? Auch das allerdings entschuldbar - oder können sie sich eine Frau vorstellen, die bei dem Gedanken an die Trump-Schnute im Schlafzimmer noch fröhlich guckt?

Verlassen wir Herrn Potus und sein Weib, bleiben jedoch noch ein bisschen in Amerika, wenn auch nicht unbedingt allzu viel länger in den United States. Am 30. Januar informierte mich der allzeit aktuelle „Südkurier“, dass die „Kampagne zur Abspaltung des Bundesstaates Kalifornien vom Rest der USA“ nun ab sofort offiziell Unterschriften für den Calexit sammeln darf. Kaliforniens Innenminister Alex Padilla gab grünes Licht dafür. Wenn bis Ende Juli mindestens 585 407 Unterschriften zusammenkommen, muss es 2019 ein Referendum geben. Vielleicht ist das ein Schritt in die richtige Richtung? Frei nach dem Motto „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“, bringt die Protestbewegung es vielleicht zu „Stell dir vor, einer macht auf Präsident, aber keiner macht mit“ oder so, und ein Bundesstaat nach dem anderen verlässt die US.

Kalifornien und Großbritannien könnten jedenfalls nach Calexit und Brexit prima bilaterale Handelsverträge abschließen, zu beiderseitigem Nutz und Frommen: Kalifornien exportiert Sonne und importiert ein bisschen Understatement, schickt dafür gratis noch ein paar Auswanderer mit blendenden Gebissen, die mit der kalifornischen Sonne um die Wette strahlen: „Everything’s just so awesome here in Britain. Look at this absolutely cute little queen!“ Beiden Ländern ist geholfen und der Rest der Welt freut sich auch. Obwohl …Wenn die wahnsinnig geschäftstüchtigen Jungs vom Silly con Valley in England erst mal ernsthaft anfangen würden, die Dinge in die Hand zu nehmen - solche wildentschlossenen „Die ganze Welt zu einem besseren Ort“ -Macher schrecken ja bekanntlich vor nichts zurück - hätten wir vielleicht schneller wieder Beitrittsverhandlungen, als wir „Oh my goodness, what next!“ sagen könnten.