Lernkultur – statisches und dynamisches Selbstbild

In unserem vorhergehenden Blog haben wir uns mit der Predictive Brain Theory und deren Einfluss auf die Lernkultur beschäftigt. Heute vertiefen wir das Verständnis weiter und betrachten, wie das Selbstbild unsere Einstellung zum Lernen prägt. Carol Dweck, Professorin für Psychologie und eine der weltweit führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Motivations- und Entwicklungspsychologie, unterscheidet zwei grundlegende Selbstbilder, die nach ihren Studien einen großen Einfluss auf Motivation, Erfolg, Umgang mit Fehlern und Lernentwicklung haben. Im Folgenden geht es vor allem und die Frage, warum sich manche Menschen kontinuierlich weiterentwickeln und lernen, während andere in ihrer Entwicklung stagnieren.
lernkultur-selbstbild.jpg

Statisches vs. Dynamisches Selbstbild

Das statische Selbstbild, auch als Fixed Mindset bekannt, ist ein festes, sich selbst begrenzende Selbstbild. Dem gegenüber steht das dynamische Selbstbild, auch Growth Mindset, welches wachstumsorientiert ist.

Menschen mit einem statischen Selbstbild sind davon überzeugt, dass die Persönlichkeit und Intelligenz fest fixiert sind und auch durch gezieltes Lernen nicht aus- und aufbaufähig ist. Des Weiteren gehen sie Herausforderungen gerne aus dem Weg und geben bei Schwierigkeiten schnell auf. Wenn etwas nicht gelingt, geben sie äußeren Umständen die Schuld. Menschen, die an unveränderbare Eigenschaften glauben, laufen immer Gefahr, sich von einer Niederlage dauerhaft beeinflussen zu lassen. Gefühle der Ohnmacht, Traurigkeit oder Wut sind ebenfalls oft in Zusammenhang mit einem statischen Selbstbild zu finden. Aus dieser Haltung heraus ist es so gut wie nicht möglich zu lernen.

Personen mit dynamischem Selbstbild hingegen glauben an die Weiterentwicklung von Intelligenz, Können und Persönlichkeit. Sie sind lern orientiert, stellen sich Herausforderungen und halten durch, auch wenn es mal nicht so läuft und Schwierigkeiten auftauchen. Sie sehen „Fehler“ nicht als Versagen, sondern als Lernmöglichkeiten. Denn wer Fehler sowie Erfolge in sich findet, ist Herr seines Handelns und nicht der Situation ausgeliefert. Menschen mit einem dynamischen Selbstbild sind zudem resilienter und in den meisten Fällen engagierter und fleißiger.

Die Auswirkung der Selbstbilder bei Führungskräften

Führungskräfte mit einem statischen Selbstbild neigen dazu, bei Problemen anderen oder der Umwelt die Schuld zu geben. Greifen wir an dieser Stelle noch einmal das Beispiel aus dem vorherigen Blog auf: Die Führungskraft war felsenfest davon überzeugt, dass ihr Weg das Problem lösen wird, da es schon immer so funktioniert hat. Sie wird mitunter überrascht sein, wenn dieses Mal das Problem nicht gelöst wird. Wer ist nun daran schuld? Alle, außer die Führungskraft. Es liegt an der fehlerhaften Umsetzung des Mitarbeitenden oder daran, dass er die Situation falsch erläuterte usw. Wie sähe das Beispiel aus, wenn die Führungskraft über ein dynamisches Selbstbild verfügt? Sehr wahrscheinlich wäre nicht einmal ein Fehler entstanden, da die Führungskraft individuell auf das Problem und den Mitarbeitenden eingegangen wäre.

Was, wenn es doch schiefgeht?

Wie wirken sich die beiden Selbstbilder aus, wenn ein Fehler passiert? Die Gedanken eines Menschen mit dynamischem Selbstbild sehen dann so aus: „Ich war unkonzentriert, beim nächsten Mal werde ich fokussierter sein.“ Oder „Ich finde eine gute Strategie, um mit dem Fehler umzugehen.“ Das heißt, der Umgang mit dem Fehler ist zwar ich-bezogen, aber positiver Natur. Das ist ein wesentlicher Grund, warum Menschen mit einem dynamischen Selbstbild erfolgreich sind: Sie lassen sich nicht von Misserfolgen abschrecken, sondern gehen konstruktiv damit um. Sie nehmen die Dinge in die Hand, agieren eigenverantwortlich und haben keine Angst vor dem Scheitern.

In jedem Fehler liegt eine Chance

Es ist selbstverständlich, dass wir unser tief verwurzeltes Selbstbild nicht über Nacht ändern können. Doch allein das Wissen um die Unterschiede zwischen einem statischen und einem dynamischen Selbstbild kann den Stein für persönliche Entwicklung ins Rollen bringen.

Wenn Ihnen also das nächste Mal ein Fehler passiert – sei es auch nur etwas so Alltägliches wie das Verpassen einer Bahn – sollten Sie sich fragen: „Wie würde jemand mit einem dynamischen Selbstbild reagieren?“ Anstatt zu denken „Warum muss der Termin auch so früh stattfinden?“ oder „Auf die Deutsche Bahn ist nie Verlass!“ sollten Sie sich eher sagen: „Beim nächsten Mal werde ich früher aufstehen, um nicht zu spät zu kommen.“

Fehler sind unvermeidlich, aber sie werden erst dann zu echten Fehlern, wenn wir nichts daraus lernen. Jeder Fehler bietet eine Gelegenheit zur Weiterentwicklung und trägt zu einer positiven Lernkultur bei – sowohl für uns selbst als auch für unser Unternehmen.

Wenn Sie mehr Impulse für Führungskräfte, Business Talk, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen für die Zukunft stärken möchten, dann hören Sie gerne in den Business Podcast von Alice Dehner rein.