Renates Kolumne: Von Globetrotteln und Öko-Engeln

| Renate Dehner
Für alle, die sich nach der letzten Kolumne Sorgen um Ulrich gemacht haben sollten: Der Gatte lebt noch! Ich sage noch nicht mal was zum unaufgeräumten Schreibtisch. Ist das nun Altersweisheit oder Resignation? Schwer zu sagen…Es mag natürlich unter Umständen auch daran liegen, dass ich Lehren gezogen habe aus dem unverzichtbaren Lebensratgeber „Südkurier“.
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Der titelte Anfang Juni „Sprechen ist gefährlicher als niesen“. Also, nicht dass man nicht schon früher diese bahnbrechende Erkenntnis hätte haben können, schließlich ist meines Wissens kein einziger Fall aktenkundig geworden, dass jemand sich um Kopf und Kragen geniest hätte, wohingegen es zahllose Beispiele dafür gibt, dass jemand sich um Kopf und Kragen geredet hat - in früheren Zeiten jedenfalls. Heute gibt es schließlich weitaus mehr Beispiele dafür, das jemand einen so hanebüchenen Blödsinn daherreden, respektive -twittern,  -posten oder bei politischen Versammlungen ins Mikrofon brüllen kann, dass man vor Fremdschämen tief dunkelrot wird, ohne dass es demjenigen an den Kragen oder den Hohlkopf ginge. Aber lassen wir das, denn es führt auf ein weites, dürres Feld. Wobei selbst auf dürren Feldern ja manchmal Hoffnung keimt, gerade las ich in der Zeitung, dass die Umfragewerte des orangefarbenen Pavians doch langsam sinken.

Genau wie hierzulande die Ansteckungszahlen, was im Prinzip natürlich eine sehr zu bejubelnde Tatsache ist. Ich fürchte nur, dass damit all das Gute, was die Einschränkungen für Klima und Umwelt gebracht haben, in Nullkommanichts wieder vorbei ist. Unser Umwelt-Verhalten hier im Westen ist ja echt nichts, auf das man stolz sein könnte. Bevor wir unser Verhalten ändern, lügen wir uns doch lieber selbst was in die Tasche, was wir schon alles für die Rettung der Welt täten. Zu denen gehören Sie nicht? Tja, wenn Sie es sagen…

Am 16. Juni veröffentlichte Sebastian Herrmann im „Wissen“-Teil der SZ die Ergebnisse einer Studie zu diesem Thema. Die sind ziemlich beschämend, wenn Sie mich fragen. Es stellte sich nämlich heraus, dass „Meinungen sehr wenig aussagen über das Verhalten der Menschen. Und Eigenauskünfte über das Verhalten sollten mit größter Skepsis bewertet werden… Polemisch lassen sich die Ergebnisse so zusammenfassen: Wer sich um die Umwelt sorgt, belügt sich eher selbst, als dass er tatsächlich etwas für die Umwelt tut. Große Reden schwingen, ein bisschen Müll trennen, schön mit dem Flieger in den Fernurlaub verschwinden und mit dem Finger auf andere zeigen.“ Der Witz ist nämlich, dass sich die meisten Befragten der Studie für „kleine Öko-Engel“ hielten und behaupteten, dass sie sich umweltbewusster verhielten als die Mehrheit der Bevölkerung. Ich war noch nie gut in Mathematik, aber selbst mir dämmert, dass da rein rechnerisch was nicht stimmen kann.

Was wird die Welt also aller Voraussicht nach davon haben, wenn das Corona-Virus besiegt ist? Zum Beispiel, dass all die Globetrottel, die so furchtbar gern andere maßregeln für deren Verhalten, ein Ende der Beschränkungen bald wieder zum Anlass nehmen, die nächste Fernreise zu buchen – aus rein kulturellen Gründen, versteht sich. Dass der Shopping-Irrsinn wieder losgeht. Dass Umweltstandards gekippt werden, um eine Wirtschaft, die uns die Klimakatastrophe beschert hat und immer noch beschert, zu retten. Dass die Ärmsten wieder die Zeche zahlen für die, global gesehen, „happy few“, nämlich uns, die wir auf nichts verzichten wollen. Vermutlich wird sich auch nichts ändern, so lange man als Einzelner das Gefühl hat, ja doch nichts ändern zu können. Ein paar Demos nützen da gar nichts. Wir brauchen allgemein verbindliche Gebote und Verbote – wie sie ja auch jetzt in der Corona-Krise genutzt haben. Wir haben gesehen, dass es funktioniert – also Herr! Lass Hirn vom Himmel regnen! Und auf unsere Gesetzgeber treffen!

PS. Hiermit bitte ich alle Paviane dieser Welt inständig und aufrichtig um Vergebung! Ich wollte Eure Intelligenz echt nicht beleidigen! Ist mir nur so rausgerutscht…