Die Angst vor dem "Nein" des Kunden

| Alice Dehner
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Selbst erfahrene Verkäufer kennen das Grummeln im Bauch, das begleitet ist von dem spontanen Bedürfnis, den Schreibtisch aufzuräumen, den eigentlich noch gar nicht fälligen Bericht zu schreiben, etwas ganz Wichtiges mit dem Kollegen zu besprechen, das Auto zum Tanken zu fahren, kurz dieses unangenehme Gefühl mit dem Namen „Kaltakquise“.

Warum tun sich so viele Menschen schwer mit der Kaltakquise? Es geht ja nicht nur vielen Verkäufern so, sondern auch Selbständige kennen dieses Phänomen. Die drücken das dann häufig so aus: „Ich habe halt Schwierigkeiten, mich zu verkaufen!“ Allein diese Formulierung verrät schon viel über die unausgesprochene Befürchtung dahinter - dass Kaltakquise nämlich etwas Anrüchiges sei. „Sich selbst verkaufen“, das klingt ja schon fast wie Prostitution oder Sklavenhandel.

Dabei geht es darum gar nicht. Kein Selbständiger verkauft „sich selbst“! Er verkauft seine Leistung, sein Know-How, seine Zeit und/oder sein Produkt. Doch wenn der Gedanke daran, einen potenziellen Kunden anzurufen, ohne dass der darum gebeten hat, schon verknüpft ist mit einer so negativen Konnotation, ist es kein Wunder, dass innerlich ein Alarmlämpchen anfängt wie wild zu blinken.

Doch auch wenn es das nicht ist, gibt es ein zweites Alarm-Blinklicht. Dieses zweite Alarmlämpchen springt auch bei vielen Verkäufern, die die Kaltakquise nicht mögen, häufig an. Den Schalter für diesen Alarm betätigt der Gedanke: „Es kann ja gut sein, dass der Kunde gar kein Interesse an meinem Produkt oder meiner Leistung hat!“ Na klar, kann das sein - aber wo, zum Teufel, ist dabei das Problem?

Das Problem ist, dass der Alarm eigentlich gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun hat, sondern sozusagen gewohnheitsmäßig losgeht. Er hat sich etabliert in einer Zeit, als der Betreffende nicht in der Lage war, eine durchlebte oder durchlittene Zurückweisung zu verkraften und zu „verdauen“. Wenn man als Kind oder als Jugendlicher Erfahrungen von Abweisung und Zurückgewiesenwerden gemacht hat, egal ob man von Erwachsenen oder anderen Kindern so behandelt wurde, hat man das wahrscheinlich als unangenehm, als schlimm, vielleicht sogar als bedrohlich erlebt. In solchen Situationen bildet sich aus reinem Selbstschutz in der Amygdala in unserem Stammhirn ein Alarm aus, ein Alarm, der sagt: „Achtung, Achtung, hier wird es gefährlich, Situation unbedingt vermeiden!“

Der Sinn eines Alarms ist immer, eine Reaktion auszulösen - in diesem Fall die Reaktion, alles zu unterlassen, was einen erneut in diese schreckliche Gefühlslage des Abgewiesenwerdens bringt. Im IntrovisionCoaching nennen wir das, was sich dabei bildet, einen Imperativ, also einen Satz, der innerlich und unbewusst fordert: „Es darf auf gar keinen Fall passieren, dass ich abgelehnt werde!“

Die Folge ist: Wenn der Erwachsene in eine Situation gerät, die die Amygdala, die unendlich viel schneller reagiert als das bewusste Denken, für eine Wiederholung der ursprünglichen Situation hält, wird sie den Alarm absetzen. Also, immer wenn die Amygdala glaubt, man könnte wieder eine herbe Zurückweisung erfahren, wird sie Stresshormone ausschütten und losschrillen: „Sieh zu, dass du wegkommst - diese Situation gilt es unbedingt zu vermeiden!“ Und was tut dann der Mensch? Richtig, er vermeidet, wenn er kann! Alles Mögliche wird er tun, nur nicht zum Telefonhörer greifen und all die Adressen, die er zur Verfügung hat, abtelefonieren. Und hat auf diese Weise nie die Chance, die Erfahrung zu machen, dass dieser Alarm ein Fehlalarm ist.

Denn selbst wenn ein Verkäufer, von seinem Verkaufsleiter gezwungen, eine Reihe von Kaltakquise-Anrufen tätigt, wird er das in den seltensten Fällen so lange durchhalten, bis er tatsächlich das Erfolgserlebnis hat „Wenn ich nur eine ausreichende Anzahl von Menschen anrufe, werde ich genügend finden, die sich für das, was ich zu bieten habe, interessieren!“ Stattdessen bleibt man bei seinen Ausweichmanövern und findet immer auch viele „rationale“ Gründe, weshalb gerade jetzt ein schlechter Moment ist, unbekannte Kunden anzurufen. Dass es im Grunde genommen die alte (und inzwischen überflüssige) Angst vor der Ablehnung ist, die das eigene Verhalten steuert, weiß man gar nicht.

Das Gute ist, dass sich solche alten, überflüssig gewordenen Alarme löschen lassen, zum Beispiel mit IntrovisionCoaching. Dabei konfrontiert man sich mit den Alarm auslösenden Gedanken - ohne sich jedoch dazu verleiten zu lassen, etwas zu tun, damit der Alarm aufhört. Das ist ja das, was im Alltagsleben passiert: Es gibt eine Gedankenreihe „Ich muss endlich mit der Kaltakquise anfangen“ - „Ich muss einen mir fremden Menschen anrufen“ - „Es kann sein, dass der von mir nichts wissen will“ - „Es kann sein, dass der mich total ablehnt“ , der Alarm geht los, man empfindet Stress, der Magen verkrampft sich, man empfindet Widerwillen und sofort arbeitet man daran, diesen Alarm zum Schweigen zu bringen, sprich, man unternimmt Ausweichmanöver und vermeidet dadurch die Situation. Der Stress lässt nach, der Magen entspannt sich und wenn nicht das schlechte Gewissen wäre, ginge es einem wieder richtig gut.

Im IntrovisionCoaching lässt man den Alarm schrillen und beobachtet einfach nur, was er mit einem macht - ohne ihn weghaben zu wollen. Und das Wunderbare ist: Ein Alarm, der keine Handlung mehr auslöst, der verebbt irgendwann. Die Amygdala spart sich die Energie für einen nutzlosen Alarm. Und wenn kein Alarm mehr kommt, ist auch der Gedanke: „Es kann sein, dass dieser Kunde kein Interesse an meiner Leistung oder meinem Produkt hat“ kein Hinderungsgrund mehr, dann eben den nächsten Kunden anzurufen. Wenn man nur eine genügend große Menge potenzieller Kunden anruft, wird sich der Erfolg einstellen - Leute, die es ausprobiert haben, können es bestätigen. Und wir haben schon etliche Verkäufer erlebt, die sagen, dass ihnen inzwischen die Kaltakquise großen Spaß macht.