Miese Laune – und was nicht dagegen hilft!

Es gibt leider Tage im Leben, die mit Katzenjammer, Weltekel und allgemeinem Trump-Syndrom noch eher milde umschrieben sind.
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Nicht, dass irgendwas Besonderes vorgefallen wäre, dann könnte man sich die Geschichte erklären, sich sagen, dass es vorbeigeht und, ausschließlich zwecks Besserung der Weltlage, ernsthaft ins Auge fassen, ein Paar neue Schuhe zu kaufen. Sich zum Beispiel im Februar aus Verzweiflung über das nasskalte Grau zauberhafte Sandalen zulegen. Das zwingt den Frühling herbei, probieren Sie es aus. Ich habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

So einfach gelagert ist der Fall, von dem ich spreche, allerdings nicht. Nein, es handelt sich um jene Tage, wo es einem „eigentlich“ gut geht, beziehungsweise gutgehen müsste. Tut es aber nicht! Weshalb man sich selbst mit wenig schmeichelhaften Adjektiven belegt und sich fragt, warum man der einzige Idiot auf der Welt ist, bei dem das positive Denken nicht funktioniert. Obwohl, inzwischen weiß das sogar die Wissenschaft… Wie auch immer, in solch einem Zustand stolpert man quasi zwangsläufig über irgendeinen Klugscheißer, der einem rät zu lächeln, denn alles könnte noch viel schlimmer kommen. Was soll das? Wenn mir klar wird, dass ich noch gar nicht am Boden des tiefen Lochs angekommen bin, soll ich es dann etwa machen wie der Dachdecker, der, als er am dritten Stockwerk vorbeisegelte, dachte: „Bis jetzt ist ja alles gutgegangen!“ oder was? Ich wüsste nicht, wie die Aussicht auf noch drohenderes Ungemach meine Laune auf ein heiteres Niveau heben soll.

Schlimmer kommt es jedoch in der Tat, wenn einem ein zweiter Klugscheißer über den Weg läuft, der noch einen draufsetzt, indem er ausgerechnet, wenn man es mit dem missgelaunten Herodot hält, der knatscht: „Preise niemanden glücklich, der nicht tot ist“, einem empfiehlt, jeden Tag so zu leben, als sei er der letzte – und schon würden gelassene Heiterkeit und allgemeine Lebensfreude wieder Einzug halten ins Gedankengebäude und ein strahlendes Lächeln ins Gesicht zaubern. Soll übrigens auch ein griechischer Philosoph gewesen sein, der das abgesondert hat.

Ehrlich, es hat sich mir noch nie erschlossen, was das speziell Aufheiternde an der Vorstellung des unmittelbar bevorstehenden eigenen Ablebens sein soll. Kann mir da jemand weiterhelfen? Dass man überhaupt sterben muss, ist doch schon Kränkung genug! Und dann auch noch sozusagen sofort? So eine „Lebensweisheit“ kann man vielleicht schlucken, wenn man Mitte zwanzig ist – aber doch nicht, wenn der sechsundsechzigste Geburtstag gerade hinter einem liegt! Außerdem, dass dieser Tag der letzte sein könnte, und ausgerechnet an dem fühlt man sich Scheiße – schon allein bei dem Gedanken könnte man doch zu den sprichwörtlichen Eisenbahnschienen greifen und die Einrichtung zertrümmern!

Nun sagt uns allerdings Meister Ooh Jeh, den Sie ja in der letzten Kolumne schon kennengelernt haben: „Es ist immer unklug, das eigene Haus anzuzünden, selbst wenn man damit der gerade zu Besuch weilenden Schwiegermutter Unbequemlichkeiten bereiten könnte!“ Darin steckt viel Wahres und es zeigt eine tiefere Weisheit, als sich dem oberflächlichen Blick enthüllen mag. Schließlich kann man erstens nie genau im Voraus wissen, wozu eine Schwiegermutter, der man gerade Unannehmlichkeiten bereitet hat, imstande ist. Und zweitens hüte man sich vor erzürnten älteren Damen – ich weiß, wovon ich spreche. Es steckt natürlich noch mehr in dem Satz drin, aber da kommen Sie sicher selber drauf.

Also, selbst wenn man modernen Chinesen gegenüber gewisse Vorbehalte hat, weil man zum Beispiel befürchtet, dass sich der chinesische Traum – ich sage nur „neue Seidenstraße“ – zu einem europäischen Trauma entwickeln könnte, muss man doch zugeben, dass sie da in China früher mal eine bewunderungswürdige Kultur und ganz herausragende Philosophen hatten. Also lieber das Mobiliar ganz lassen und geduldig bessere Zeiten abwarten. Einen Morgen zum Beispiel, an dem man sonnig aufwacht, egal wie das Wetter ist, und sich selbst mit butterweicher Stimme und charmantem französischem Akzent ins Ohr säuselt „Rönaté Döhner und dein Tag wird schöner!“ Na also, geht doch! Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit positivem Denken zu tun.