Renates Kolumne: Glamour in schwierigen Zeiten

| Renate Dehner
Nachdem ich in meiner letzten Kolumne angeregt hatte, Monsieur Putin nur noch französisch auszusprechen, wenn man den Namen dieses Kriminellen überhaupt in den Mund nehmen muss, habe ich inzwischen gelernt, dass man auch auf englisch nette Sachen mit dem Namen anstellen kann. Ein Kölner Künstler hat Wladi den Schrecklichen im Sträflingshemd an einer Hauswand abgebildet und „Put in prison“ daruntergeschrieben. Wunderbar, oder? Ich finde, das ist ein sehr geglücktes Zeichen jenes Humors, den wir auch in finsteren Zeiten nicht verlieren dürfen, wie uns Kabarettisten, die, wie andere Künstler auch, seit zwei Jahren nicht viel zu lachen haben (aber trotzdem von irgendwas leben müssen), immer wieder ans Herz legen. Es ist zweifellos der Humor, der alles erträglicher macht, aber gerade in schwierigen Zeiten mangelt es einem doch auch ein bisschen an Glamour.
05_Glamour.jpg

Ich meine natürlich nicht den Glamour von irgendwelchen milliardenschweren Großverdienern, die den Hals nicht vollkriegen können oder von Leuten, deren einziges Verdienst darin besteht, zufälligerweise in einem Schloss geboren worden zu sein, sondern so ein bisschen persönlichen Glamour im eigenen bescheidenen Leben.

Der Umgang mit Glamour ist allerdings nicht jedem in die Wiege gelegt. Ich kann davon ein Lied singen. Dass ich etwas unbeholfen wirke, wenn es eigentlich darauf ankäme, nun aber so richtig glamourös aufzutreten, liegt möglicherweise daran, dass mein Leben bisher im Großen und Ganzen eher unspektakulär vonstatten ging. Ohne Übung läuft eben auch in der Hinsicht des gelungenen Auftritts gar nichts. Sollte ich in meinem irdischen Dasein noch einmal in die Lage kommen, in eine Stretchlimousine einsteigen zu müssen, schaffe ich das bestimmt, ohne den Anwesenden die Lachtränen in die Augen zu treiben.

Stellen Sie sich vor, man hat Ihnen zu Ehren (Geburtstag – und noch nicht mal ein runder, ich war entsprechend ergriffen!) eine Stretchlimousine organisiert. Der Fahrer derselben hat standesgemäß Sekt und Gläser mitgebracht, damit die liebe Familie noch vor der Fahrt ins Restaurant mit dem sehr jugendlichen, okay, ich korrigiere mich, mit dem Geburtstagskind, das sich im Großen und Ganzen echt gut gehalten hat, anstoßen kann. Alle Kinder, Schwiegerkinder, Kindeskinder und der Gatte stehen also um das Prachtgefährt herum und haben ungehinderten Blick darauf, wie ich würdevoll und graziös in die Kiste einsteigen will.

Eine Stretchlimo hat ja, wie wir Eingeweihten wissen, getönte Scheiben, der Innenraum ist deshalb ziemlich dunkel, und wenn draußen gleißender Sonnenschein ist, sieht man erst mal gar nichts. Ist es da ein Wunder, wenn ich das verdammte Hindernis in Form eines „Kardantunnels“ (fragen Sie nicht, ich kannte das Ding auch nicht), der sich durch das gesamte Innere zieht, gar nicht sehen konnte? Jedenfalls, statt in das Wageninnere zu schweben, verlor ich das Gleichgewicht, stolperte quasi in Zeitlupe mit dem Kopf voraus gen Wagenboden, und ich nehme an, meine im Gegensatz dazu gen Himmel gereckten Beine waren extrem graziös, ebenso wie mein Aufschrei. Keine Sorge, außer meiner Selbstachtung war nichts verletzt. Die liebe Familie hat selten so gelacht.

Ich hab ja noch Glück gehabt, dass man keine Kutsche gebucht hat – so ein Tritt von einem Pferd soll es ganz schön in sich haben!