Renates Kolumne: Sprache ist ein weites Feld…

| Renate Dehner
Wie ich immer wieder gern zitiere, befand Tucholsky, die deutsche Sprache sei da am schönsten, wo sie am Rande hin gen Wahnsinn verschwimmt. Dem kann man nur beipflichten. Es passt außerdem hervorragend in unsere Zeiten. Man kann nur hoffen, dass der Wahnsinn am Rande bleibt, und sich nicht bis zur Mitte weiterfrisst, aber das ist ein anderes Thema. Ob Tucholsky die kreativen Leistungen von Kindern, was Sprachgestaltung betrifft, mit einschloss in seinen Befund, das habe ich gerade nicht parat, sie hätten es aber auf jeden Fall verdient.
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Deshalb will ich heute meine beliebte Reihe „Schöner pluralen“ (haben Sie etwas gegen dieses Verb? Noch nie gesehen? Macht nichts, das haben Sprachschöpfungen ja so an sich) fortsetzen. Ich habe Sie, glaube ich, schon mal bekannt gemacht mit „die Dütte“ und „die Mündschütze“. Nun ist ein neues Juwel aufgetaucht. Was, glauben Sie, ist laut der sprachlichen Expertise meiner vierjährigen Enkelin der Plural von „Salat“? Na klar, Sie haben die Logik erfasst. Wenn es „der Garten – die Gärten“ heißt, ist es doch völlig einleuchtend, dass es „der Salat – die Saläter“ heißen muss. Ich finde, dagegen ist nichts einzuwenden. Ein bisschen Konsequenz in der Grammatik darf man als Mensch, der gerade die Sprache lernt, schon erwarten.

Nun sind Sie vielleicht gerade über meine Formulierung „Mensch, der die Sprache lernt“ gestolpert. Tut mir leid, aber mit „Menschin, die die Sprache lernt“ kann ich mich noch nicht so recht anfreunden, obwohl man heutzutage sehr, aber schon sehr vorsichtig sein muss, wie man sich ausdrückt. Leider wusste das der Bio-Metzger bei uns auf dem Wochenmarkt nicht, als er ein großes Schild vor seinem Verkaufswagen aufstellte mit dem verstörenden Hinweis „Unser Fleisch stammt ausschließlich von Bauern aus der Region“. Können wir uns Rindfleisch nicht mehr leisten? Egal, ich mache mir eh nicht so viel aus Fleisch.

Was die Vorsicht im Ausdruck betrifft, so lässt sich die Tendenz beobachten, dass, je aggressiver, unflätiger und rücksichtsloser immer größer werdende Gruppen von Menschen mit Menschen umgehen, die sie für unakzeptabel halten, andererseits die Empfindlichkeiten, wie man diese oder jene benennen darf, um so mehr zunehmen. Einem Leserbrief in unserem hiesigen „Südkurier“ entnahm ich kürzlich den Vorschlag, in der Berichterstattung die Bezeichnungen „Geimpfte“ beziehungsweise „Ungeimpfte“ durch „Menschen mit/ohne Covid-19 Impfung" zu ersetzen. Das sei respektvoller. Schließlich mache den Menschen sehr viel mehr aus als der Impfstatus, was selbstverständlich absolut der Wahrheit entspricht. Angetan von dieser ganz und gar wunderbaren Idee, hätte ich da noch ein paar konstruktive Vorschläge beizusteuern. Eine Berufsbezeichnung allein macht ja auch niemals den ganzen Menschen aus, warum also nicht für „Grundschul-Lehrer“ das knackige „Mensch mit pädagogischem Studium, zwecks Berechtigung zum Unterricht minderjähriger Kinder“ oder für Ärztin „Mensch mit menstruellem Hintergrund, über ein abgeschlossenes Medizin-Studium verfügend“. Ich will nicht weitschweifig werden, darum belasse ich es bei diesen Beispielen, obwohl man sich sicherlich noch eine Menge einfallen lassen könnte, wie man aus unserer Sprache, die ja ohnehin anfällig für Monstrositäten ist, wie das berüchtigte Behörden-Deutsch beweist, eine komplette Katastrophe machen kann. Nebenbei bemerkt, finde ich auch die Begriffe „Herden-Immunität“ oder, noch schlimmer „Durchseuchung“ ziemlich widerwärtig – auch wenn man das Ergebnis herbeiwünscht, damit endlich Ruhe ist.

Ebenfalls im „Südkurier“, aber diesmal im redaktionellen Teil, fand ich noch einen interessanten Ratschlag. Unter der dicken Überschrift „Wie man die Quarantäne übersteht“ konnte man die Zwischen-Überschrift lesen „Vor allem Kontakte sind in dieser Zeit wichtig“. Wie wahr, wie wahr! Ich finde, beim Fasten ist auch immer das wichtigste, dass man für genügend Nahrungsaufnahme sorgt, man kriegt sonst so schlechte Laune.

Also, ein Ratschlag von mir, wie man schwierige Zeiten übersteht: Vor allem gute Laune ist wichtig, die hilft gegen fast alles! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch eine schöne Pandemie…