Rolle soweit klar?

| Alice Dehner
Im Leben eines jeden Menschen ist das Belohn-System ein wichtiger Motivations-Faktor.
CaFi_Fussballvergleich.jpg

Wir reden hier allerdings nicht von den Besoldungs-Modalitäten in Ihrer Firma, sondern vom hirn-eigenen Belohn-System eines jeden Menschen. Dieses Belohn-System schüttet Endorphine aus, wenn das Hirn sich sozusagen selbst auf die Schulter klopft, weil es etwas gut gemacht hat – zum Beispiel ein Problem gelöst. Wir Menschen sind so gestrickt, wir lösen gern Probleme. Das fängt bei ganz kleinen Menschen an, die sich großartig fühlen, wenn sie es schaffen ein rundes Klötzchen in ein rundes Loch und ein eckiges Klötzchen in ein eckiges Loch zu praktizieren. Wohingegen sie sich überfordert und frustriert fühlen, wenn sie ein für sie noch zu kompliziertes Puzzle zusammenbauen bauen sollen. Das fliegt daraufhin in die Ecke und sie greifen lieber wieder zu den runden und eckigen Klötzchen, bis sie aus Wachstumsgründen von ganz allein den nächsten Entwicklungsschritt machen – oder in die Schule kommen, wo sie Unterstützung kriegen.

Wir lieben es also Probleme zu lösen, denn die Endorphine machen uns beschwingt und glücklich – auch Manager. Ein Manager braucht wie jeder andere Mensch auch, Erfolgserlebnisse. Auch Führungskräfte haben deshalb gelegentlich die Neigung, lieber die Probleme zu lösen, die sie lösen können – oft die der Mitarbeiter – statt sich der Probleme anzunehmen, die gelöst werden müssen, und zwar von ihnen. Um als Manager zu wachsen, muss man ebenfalls Entwicklungsschritte machen. Oft genug passieren die von allein, learning by doing, oft genug bleibt eine Führungskraft aber auch stecken und könnte Unterstützung sehr gut brauchen – zum Beispiel, um ihre Rolle klarzukriegen. Die Rolle einer Führungskraft besteht eben mitnichten darin, die Probleme ihrer Mitarbeiter zu lösen – das hieße, wieder zu den runden und eckigen Klötzchen zu greifen. Von Führungskräften wird heutzutage erwartet, dass sie ihre Mitarbeiten fördern und entwickeln, um sie zu befähigen, ihre Probleme selbst zu lösen. Das ist kein leichter Job!

Diese schwierige Aufgabe lernt sich meistens nicht von allein. Und sie wird keineswegs erleichtert von der Geisteshaltung, die in manchen Firmen anzutreffen ist: „Wir sind die Champions-League, und wenn du hier mitspielen willst, dann kannst du es entweder oder du wirst gefeuert!“ Den Spruch sollte man mal bei Bayern München vorstellen – die würden sich auf die Lederhosen klatschen vor Lachen. Oder glauben Sie, die würden sagen: „Mensch, klar, wir sind die Champions League! Entlassen wir doch unseren schweineteuren Trainer, wofür haben wir denn die Klasse-Spieler!“

Alles klar, oder?  Um Mitarbeiter fördern und entwickeln zu können reichen exzellente Fachkenntnisse im jeweiligen Job nicht aus. Es braucht ein anderes Wissen, andere Fähigkeiten, ein anderes Training und sich darin unterstützen zu lassen, spricht nicht gegen die eigene Qualität, sondern für die eigene Vernunft und die eigene Firma.

Sie wollen ein Beispiel? Stellen Sie sich doch mal vor, wie es geschieht, dass jemand zum Vertriebsleiter ernannt wird. Jemand wird zum Vertriebsleiter, weil er ein erstklassiger Verkäufer war, der sehr gut mit Kunden umgehen konnte, selbst mit den ganz schwierigen unter ihnen. Jetzt hat er es jedoch nicht mehr mit Kunden zu tun, sondern sollte sich zum Beispiel mit Strategie befassen. Da taucht plötzlich ein schwerwiegendes Problem mit einem wichtigen, aber schwierigen Kunden auf. Was macht der Vertriebsleiter? Er widmet diesem Kunden seine Zeit und seine Aufmerksamkeit – löst das Problem und fühlt sich prima. Kein Wunder, schließlich ist sein inneres Belohn-System angesprungen, weil er etwas getan hat, von dem er wirklich etwas versteht. Leider hat er das falsche Problem gelöst. Statt seine Mitarbeiter zu befähigen, es mit schwierigen Kunden genauso gut zu machen wie er, macht er es lieber selbst.

Das ist, vereinfacht gesagt, die Falle für viele Manager: Meist haben sie so viele Themen und Baustellen auf dem Tisch, dass sie auswählen können, welcher Aufgabe sie sich zuerst widmen, und dann nimmt man halt lieber die, deren Lösung man kennt. Themen wie Kulturänderung und Coaching von Mitarbeitern werden dagegen häufig als sehr mühselig empfunden, weil die Belohnung nur mit großer zeitlicher Verzögerung eintrifft. Und wenn Manager sich dann noch nicht einmal Unterstützung von außen holen dürfen, etwa durch eigenes Coaching oder Training „weil man ja eh schon in der Champions League spielt“, dann landet eine Firma vermutlich schneller als gedacht in der Regional-Liga.