Stressfaktor Meetings

Viele Führungskräfte klagen häufig darüber, dass sie den ganzen Tag nur noch in Meetings verbringen und keine Zeit mehr haben, die Themen abzuarbeiten. Auch Führungsgespräche seien unter diesen Voraussetzungen kaum mehr möglich. Dieses Problem wurde durch die Corona-Pandemie noch weiter verschärft, denn es war noch nie so leicht, Meetings aufzusetzen und abzuhalten. Auch Pufferzeiten für einen Raumwechsel müssen nicht mehr eingeplant werden, denn das nächste Meeting ist mittlerweile oft nur einen Knopfdruck entfernt. Doch warum sind Meetings für so viele Führungskräfte und Mitarbeiter ein so hoher Stressfaktor?
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Es gibt unterschiedliche Faktoren, die dazu beitragen, dass Meetings zum Stress werden. Dazu zählen unter anderem eine schlechte Vorbereitung, zu viele Anwesende, keine Pufferzeiten und das Gefühl der Fremdbestimmung. Zudem sind energieraubende und endlose Diskussionen in Meetings nicht nur enorme Zeitfresser, sondern steigern auch den inneren Adrenalinspiegel vieler Teilnehmenden, was wiederrum zu Stress führt.

Stillstand und keine Entscheidungen

In zu großen Meeting-Runden ist es häufig der Fall, dass am Ende keine Entscheidung steht. Das liegt z. B. daran, dass ein Stakeholder diese aus politischen Gründen nicht möchte oder dass eine Abteilung die Arbeit, die eine Entscheidung nach sie ziehen würde, von sich weisen möchte. Der Ball wird dann wieder zurückgespielt – für diesen Prozess sind Meeting schlicht das falsche Format. Wird keine Entscheidung getroffen, wird das Vorankommen in Projekten blockiert und zudem in der Regel ein neues Meeting zum Thema einberufen, was wiederrum Zeit und Energie kostet. Zieht sich so etwas über Wochen oder Monate, entsteht Stress.

Fremdbestimmung und Kontrollverlust

Das Gefühl der Fremdbestimmung bei Meetings ist ein weiterer Stressfaktor. Dieser entsteht dadurch, dass man überall eingeladen wird und selbst keine Entscheidungsfreiheit mehr über die eigene Zeitplanung hat. Und gerade dieser innere Kontrollverlust über Planung und Zeiteinteilung ist für Führungskräfte, die es gewohnt sind, selbstständig zu arbeiten, ein großer Stressfaktor. Ist der Terminkalender ohne eigenes Zutun schon mehr als gefüllt, ergibt sich neben der Fremdbestimmung auch ein gewisser Kontrollverlust, der weiter auf das Stresskonto einzahlt.

Die Grundidee stimmt

Die grundsätzliche Idee hinter Meetings ist die richtige. Sie sollen Transparenz schaffen, gemeinsame Entscheidungen hervorrufen, Diskussionen am Leben erhalten und Themen voranbringen. Die vergangenen zwei Jahre haben zudem gezeigt, wie wichtig es ist, dass zwischenmenschliche Kommunikation stattfindet, ein Austausch besteht und man sich auch mal sieht – und sei es nur online. Ganz auf Meetings zu verzichten ist daher keine Lösung, aber das Gehirn einzuschalten, wenn man Meetings plant, ist mehr als erlaubt. Das bedeutet, sich zuerst Gedanken darüber zu machen, ob ein Meeting überhaupt das richtige Format ist. Was soll mit wem besprochen werden? Reicht eventuell ein bilaterales Gespräch und braucht man gar nicht die Zeit von allen anderen zu okkupieren? Lohnt es sich, vorab einige bilaterale Gespräche zu führen, bevor es zu einem Meeting kommt, um entscheidungsfähig zu sein?

Das Ziel im Blick behalten

Ebenfalls gilt es, das Ziel des Meetings zu definieren. Soll informiert oder eine Entscheidung getroffen werden? Gilt es, neue Ideen zu sammeln? Damit ein Meeting gewinnbringend ist, braucht es Klarheit über das Ziel sowie über die Menschen, die dabei sein müssen, um dieses zu erreichen. Und hier gilt die Faustregel: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. So hat zum Beispiel Jeff Bezos bei Amazon die „Two-Pizza-Regel“ eingeführt. Das bedeutet, dass in einem Meeting nur so viele Beteiligte sein sollten, wie man auch mit zwei Pizzen satt bekommt. Das macht in Summe ca. acht Personen. Darüber hinaus ist der Zeitrahmen entscheidend. Wie lange nimmt man sich Zeit für ein Meeting und gelingt es, diesen Zeitrahmen einzuhalten? Diesbezüglich sind zwei agile Ansätze sehr interessant. Das eine ist eine „Erziehungsfrage“: Ist das Meeting für eine Stunde angesetzt, sollten alle Beteiligten auch nach einer Stunde gehen. Nach einer gewissen Übung führt dies dazu, dass die Leute wesentlich stringenter werden und wissen, dass sie relevante Punkte an den Anfang des Meetings setzen und nicht bis zum Ende warten. Außerdem wird so endlosen Diskussionen vorgebeugt. Die andere Idee ist, einen Time-Timer zu stellen, der visualisiert, wie viel Zeit schon vergangen ist. Dadurch lässt sich überprüfen, wie lange man sich mit einem Thema aufhält. Gemeinsam kann anschließend entschieden werden, ob man wirklich so viel Zeit auf dieses oder jenes Thema verwenden möchte.

Vorbereitung und Ergebnisse

Ist das Ziel festgelegt, der Zeitrahmen kommuniziert und die Anwesenden definiert, sollte es an die Agenda gehen, sodass sich jeder auf die Themen vorbereiten kann – und nicht nur der, der einlädt. Im Meeting selbst sollten dann anhand der Zielvorgaben Ergebnisse erarbeitet, festgehalten und transparent kommuniziert werden. So trifft der Grundgedanke von Meetings wieder zu.

„Meetinghopping“ vermeiden

Kaum ist das eine Meeting beendet, schon steht das nächste an. Doch man kann nicht überall und sofort mit dem Kopf in jedem Thema dabei sein. Dafür sind unsere Gehirne schlichtweg nicht ausgelegt. Außerdem wird bei einer solchen Vorgehensweise schnell vergessen, was im letzten Meeting gesprochen wurde. Deshalb lohnt es sich, Pufferzeiten einzuplanen, um das Gesagte zu verarbeiten und sich auf das nächste Meeting vorzubereiten.

Meetingkultur entwickeln

Ein weiterer Aspekt für zielführendere Meetings ist zu prüfen, inwiefern sich die Besprechungskultur im Unternehmen weiterentwickelt. Dazu eigenen sich Retrospektiven, die generell eingesetzt werden, um die Zusammenarbeit zu reflektieren. Inhalt einer solchen kann auch sein, wie Meetings ablaufen, was daran gut ist und was noch verbessert werden kann. Jeder sollte hier für sich eruieren, was passt für mich, unser Team, unsere Abteilung, unser Unternehmen. Darauf aufbauend lässt sich an der Meetingkultur arbeiten. Ein Impuls hierfür ist zum Beispiel, dass Meetings nur zwischen 10:00 und 14:00 angesetzt werden, sodass davor und danach selbstbestimmte Arbeitszeit bleibt. Diese und weitere Ideen lassen sich gut nutzen, um die Meetingkultur zu verfeinern und tragen damit automatisch dazu bei, dass der Stresspegel sinkt.

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