Wie kann die Führung von Mitarbeiter*innen in diesen unwegsamen Zeiten gelingen?
| Alice DehnerEs gibt gerade etliche Schwierigkeiten zu bewältigen. Die augenblicklich Tragischste ist sicherlich der Krieg in der Ukraine. Auch Führungskräfte können nicht einfach so tun, als sei nichts, wenn Mitarbeiter Angst haben vor dem, was dieses Verbrechen für Deutschland, die Wirtschaft, ihren Arbeitsplatz und überhaupt für sie persönlich bedeutet. Es gibt, vor allem im IT-Bereich ja auch sehr viele Mitarbeiter, die ganz direkt betroffen sind, entweder weil sie Ukrainer sind und vielleicht noch Angehörige dort haben oder weil sie sich überhaupt noch in der Ukraine befinden.
Natürlich können Führungskräfte nicht stundenlang über den Krieg und damit verbundene Sorgen sprechen, aber sie sollten sie auch auf keinen Fall ignorieren, sondern in angemessenem Rahmen mit Empathie darauf reagieren. Das heißt, eine Führungskraft muss den Raum schaffen, um zuzuhören, wenn Mitarbeiter über ihre Sorgen und Befürchtungen sprechen. In solch unglaublich schwierigen Lagen empathiefähig zu sein, verlangt von Führungskräften sehr viel. Aus diesem Grund ist es mehr als gerechtfertigt, sich auch Unterstützung von außen zu holen, zum Beispiel in einem Coaching, denn diese Situation ist ja nicht nur für die Mitarbeiter eine Belastung. Auch als Chefin oder Chef macht man sich Sorgen – und muss dann noch so viel soziale Kompetenz aufbringen, für andere eine verlässliche Stütze zu sein. Und das alles neben der eigentlichen Aufgabe, den Betrieb am Laufen zu halten.
Ein Betrieb, der gerade mal wieder umgekrempelt wird! Denn das ist das nächste Problem:
Sehr viele Führungskräfte zerbrechen sich gerade den Kopf darüber, wie sie damit umgehen sollen, dass die Home-Office-Pflicht endet und nun die gemeinsame Arbeit wieder neu organisiert werden muss. Wie geht man damit um, dass einige Mitarbeiter mit Begeisterung wieder ins Büro zurückkehren, während andere am liebsten ein „Recht auf Home-Office“ hätten, und gar nicht mehr kommen wollen? Auch hier ist Empathie gefragt! Hören Sie zu! Erfragen Sie das eigentliche Interesse hinter dem Standpunkt, nicht mehr ins Büro zu wollen. So kommen Sie sehr viel schneller zu einvernehmlichen Lösungen, als wenn Sie gute Mitarbeiter verärgern oder gar vergraulen, weil Sie auf der Präsenz-Pflicht bestehen.
Ermutigen Sie solche Mitarbeiter viel mehr, Erfahrungen im Büro und im direkten Kontakt mit Kollegen zu machen. Sehr hilfreich kann ein Workshop sein, der mit allen durchgeführt wird und in dem die neue Struktur erarbeitet wird. Doch sollte ein solcher Workshop keinesfalls online geplant und durchgeführt werden. Wenn Sie wollen, dass es wieder mehr direkten Kontakt, mehr persönliches Miteinander-Arbeiten geben soll, muss der Prozess, dahin zu gelangen, den inhaltlichen Themen entsprechen! Sie sollten also einen solchen Workshop auf jeden Fall als Präsenz-Veranstaltung konzipieren.
Zeigen Sie sich nach Möglichkeit kompromissbereit! Es muss ja vielleicht nicht das „entweder-oder“ sein. Vielleicht gibt es Möglichkeiten, sich darauf zu einigen, an wie vielen Tagen im Büro und an wie vielen zuhause gearbeitet wird.
Ein weiterer Weg, die Präsenz im Büro verlockender zu machen, könnte darin bestehen, gemeinsame Rituale einzuführen. Manche Firmen haben zum Beispiel eine gemeinsam Kaffee-Pause eingeführt, während der fünfzehn, zwanzig Minuten lang nur soziale Interaktion stattfindet, man plaudert, man tausch sich aus, man lernt einander besser kennen. All das fördert den sozialen Zusammenhalt und der erleichtert in großem Maß die Arbeitsprozesse. Das ist gut für die Menschen und für die Firma.
Oder man macht es sich zur Regel, bei Meetings zunächst eine begrenzte Zeit für den persönlichen Austausch einzuräumen, sodass jeder im Team über das Befinden der anderen im Bilde ist. Das gibt auch den Führungskräften die Möglichkeit, über das zu sprechen, was sie gerade belastet. Ein solcher gegenseitiger Austausch befördert einen Perspektiv-Wechsel auf beiden Seiten: Mitarbeiter haben nicht mehr das Gefühl, dass keiner sich Mühe gibt, sie zu verstehen und die Führungskräfte brauchen ebenfalls nicht mehr den Eindruck haben, dass die Mitarbeiter gar nicht verstehen, wie schwierig ihr Job ist. So wird die Unzufriedenheit auf beiden Seiten reduziert und auch das fördert eine produktive Zusammenarbeit.