Besseres Selbstmanagement = weniger Stress

| Ulrich Dehner
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Im letzten Newsletter vom Juli 18 habe ich auf den Blogbeitrag über einen verzweifelten Projektmanager hingewiesen und dabei besonderes Augenmerk auf den Anteil an IntrovisionCoaching gelegt (). Doch wie ich schon in der Einleitung geschrieben habe, war für ihn auch die Verbesserung seines Selbstmanagements ein wichtiges Thema. Da ich in meinen Coachings immer wieder die Erfahrung mache, wieviel auch massiven Stress sich die Manager ersparen könnten, wenn sie ein paar einfache Regeln zum Selbstmanagement beherzigen würden, will ich hier einmal auf die wesentlichsten Punkte eingehen.

Sehr viel hausgemachter Stress entsteht z.B. dadurch, dass man permanent von der Furcht verfolgt wird, man könnte den Überblick verlieren. Da erstaunlich viele Manager glauben, sie kämen ohne To-Do-Listen aus, stellen sie ihr Gedächtnis vor echt heftige Herausforderungen. Da sie ja nichts Wichtiges vergessen dürfen, ist das arme Gedächtnis permanent gefordert, alle Aufgaben nach vorne zu bringen, es darf nichts mal in Ruhe hinten schlummern. Kein Gedächtnis ist dazu im Stande, ohne reichlich nervös zu werden (und seinen Eigentümer dadurch ebenso nervös zu machen). Das Gedächtnis behilft sich damit, auch dann, oder sogar bevorzugt dann, an Aufgaben zu erinnern, wenn sein Eigentümer gar nicht an der Aufgabe arbeiten kann, z.B. nachts - wirkt sehr fördernd auf die Schlaflosigkeit-  oder am Wochenende, was ganz wunderbar den Freizeiteffekt kaputt macht. Eine simple, konsequent betriebene To-Do-Liste würde da schon deutliche Abhilfe schaffen. Was man schwarz auf weiß hat, darf man getrost ruhen lassen, wenn es gerade nicht an der Reihe ist.

Eine weitere, ganz schlichte Maßnahme nimmt ebenfalls viel Stress aus dem Arbeitsleben: Der vernünftige Umgang mit Emails. Ich frage im Coaching, wenn es um Stressbewältigung geht, meist als Erstes, wieviel tausend Emails derjenige denn in seiner In-Box hat. Sehr viele haben leider eine In-Box, die, wenn es ein realer Briefkasten wäre, so hoffnungslos überquellen würde, dass man den Kasten schon nicht mehr sähe. Diese Art des Umgangs mit Mails wirkt so, als würde man die In-Box quasi als To-Do-Liste behandeln, nur mit dem entscheidenden Nachteil, dass bei der Vielzahl an Mails, die jeden einzelnen Tag hinzukommen, die schon vorhandenen ja immer weiter nach unten rutschen. Das führt dazu, dass beim Inhaber dieser In-Box im Hintergrund dauernd die Angst lauert, in diesem Wust könnte sich doch noch irgendetwas ganz Wichtiges verbergen, das man nicht bearbeitet hat - und das könnte sich womöglich demnächst rächen… Wem dieses Gefühl keinen Stress verursacht, der ist echt hartgesotten. Dabei ist es so einfach: Die In-Box gehört täglich geleert - und zwar leer im Sinne von: Es ist abends nichts mehr drin!

Wie man das erreicht? Man beginnt noch heute damit, alle neu ankommenden Mails nach folgendem Schema zu behandeln: Alles, was zur Beantwortung weniger als zwei Minuten erfordert, wird sofort erledigt. Alles was länger dauert oder wofür zur Bearbeitung zusätzliche Informationen gebraucht werden, gehört auf entsprechende To-Do-Listen. Es gibt sehr gute Programme, die einem dabei helfen, Mails in To-do’s umzuwandeln, und wenn sie richtig gut sind, dann können sie mit einem Click die To-do’s auch zurück umwandeln in die ursprüngliche Mail, sodass man sie gegebenenfalls beantworten kann. Auch das Anlegen von Verzeichnissen ist hilfreich, für Sachen, die man ständig wieder braucht zum Beispiel. Solche Verzeichnisse sind wie Ordner, in die man etwas ablegen kann, und die man mit einem Griff wieder hat, ohne mehr Zeit mit dem Suchen zu verschwenden als man für das Bearbeiten braucht. Und wie geht man mit den „Altlasten“ um, also mit den Tausenden Mails, die da die In-Box verstopfen? Am besten, indem man sich die Zeit nimmt, jeden Tag einen Monat zurück abzuarbeiten, bis man es geschafft hat, dass alle gut versorgt sind. Das klingt jetzt nicht gerade verlockend, ich weiß, aber das Gefühl, wenn man es geschafft hat, ist die Mühe Wert!

Ein dritter großer Stressfaktor besteht darin, dass Führungskräfte, und gerade die besonders verantwortungsvollen unter ihnen, viel zu schnell Rückdelegationen akzeptieren - mit der Folge, dass sie den nicht unberechtigten Eindruck haben, zu ihren eigentlichen Aufgaben gar nicht mehr zu kommen. Statt ihre Aufgaben zu erledigen und ihre Probleme zu lösen, machen sie den Job der Mitarbeiter. Ihren eigenen verlegen sie auf das, was eigentlich ihre Freizeit sein sollte, den Abend oder das Wochenende. Hilfreich ist in diesem Fall, nach und nach „stille Stunden“ einzuführen, in denen man sich in aller Ruhe Aufgaben widmen kann, die Konzentration und Ruhe erfordern. Man beginnt mit einer „stillen Stunde“ pro Woche, steigert das auf zwei, dann drei und im Idealfall kommt man schließlich auf eine pro Tag. Es kann sein, dass man zu Beginn energisch darauf pochen muss, dass man es wirklich ernst meint und bei einer „stillen Stunde“ nur gestört werden darf, wenn Feuer unterm Dach ist. Doch die Mitarbeiter gewöhnen sich bald daran und man selbst motiviert sich vielleicht noch lieber dazu, wenn man weiß, dass Untersuchungen eindeutig belegen, dass die Produktivität mit dem Einführen „stiller Stunden“ erheblich steigt, während das Stresslevel erheblich sinkt.

Noch ein Wort zu den Rückdelegationen: Es gibt diese wunderbare Affengeschichte, die sollten sich stressgeplagte Führungskräfte immer wieder vor Augen führen. Ein Problem, mit dem ein Mitarbeiter kommt und für dessen Lösung er sein Gehalt bezieht, ist wie ein Affe. Dieser Affe gehört dem Mitarbeiter, wenn er das Büro der Führungskraft betritt. Aber wem gehört der Affe, wenn der Mitarbeiter das Büro verlässt? Wenn er jetzt plötzlich zutraulich auf der Schulter von Chef oder Chefin sitzt, hat eine Rückdelegation stattgefunden. Wer Stress abbauen will, sollte dafür sorgen, dass der Affe da bleibt, wo er hingehört. Man schafft das, indem man nicht mehr akzeptiert, dass Mitarbeiter nur Probleme, aber keine Lösungsvorschläge präsentieren. Konsequentes Einfordern von Lösungsideen sollte da eine positive Veränderung bewirken.

Wenn diese drei ganz einfachen Regeln zur Stressverminderung eingehalten werden, erleben die Klienten schon eine deutlich wahrnehmbare Erleichterung ihrer Belastung. Und wenn sie dann noch die Häufigkeit ihrer Meetings einer gründlichen Prüfung hinsichtlich deren Notwendigkeit unterziehen, geht es ihnen meist schon richtig gut