Angst zu scheitern! Praxisfall mit IntrovisionCoaching

| Ulrich Dehner
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IntrovisionCoaching hilft auch und ganz besonders in Fällen, wie Angst zu scheitern, die fast ausweglos zu sein scheinen und rettet manchmal nicht nur den eigenen Seelenfrieden, das eigene Wohlergehen und den Lebensunterhalt, sondern auch das Familienleben.

Eine selbständige Web-Designerin, die bislang sehr erfolgreich mit ihrer Arbeit gewesen war, suchte Hilfe im Coaching, weil sie einen so tiefen Einbruch bei ihrer Arbeit erlebt hatte, dass das nicht nur ihre berufliche Existenz gefährdete, sondern auch ihr Familienleben zu zerstören drohte. Sie hatte große Kunden gehabt, die sie ständig mit Aufträgen versorgt hatten, bis es eines Tages zu einem herben Einschnitt kam. Ein anderes Web-Design-Büro kickte sie mit niedrigeren Preisen und höherer Präsenz bei den Kunden aus dem Rennen. Ihr war klar, dass sie, um die Verluste auszugleichen, mehr neue Kunden akquirieren musste. Sie besorgte sich also die nötigen Adressen, um potenzielle Kunden ansprechen zu können.

Statt jedoch sofort nach Betreten ihres Büros den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, „musste“ sie zunächst ihre Mails checken, diese Mails anschließend beantworten, dann „musste“ sie überprüfen, ob nicht vielleicht jemand über Facebook oder Twitter ihre Dienste angefragt hatte, wo sie schließlich für gewöhnlich hängenblieb, denn interessante Artikel, auch solche, die für die eigene Profession wichtig sind, findet man dort immer. Mit Surfen im Internet ging der Arbeitstag vorbei, sodass sie, wenn sie spätnachmittags das Büro verließ, nicht eine einzige Firma angerufen hatte.

Tag für Tag wurde sie unzufriedener mit sich und den „vertanen Tagen“. Das bekam natürlich auch ihre Familie zu spüren. Sie reagierte gereizt auf ihre Kinder, die die heimkehrende Mutter bestürmten, und ihr Partner konnte ihr nichts mehr recht machen. Die Spannungen in der Familie wuchsen zunehmend, weshalb sie ihr Büro morgens zwar gern als Refugium aufsuchte, ohne jedoch an ihrem „Akquise“-Verhalten etwas zu ändern. Das führte dazu, dass ihr berufliches Problem – wie es für sie in ihrer Selbständigkeit weitergehen sollte – immer drängender wurde. Zwar war das zunächst finanziell noch nicht existenziell, da sie über Rücklagen verfügte und ihr Partner gut verdiente, aber ihre Unzufriedenheit wurde immer bedrückender.

Auf der Suche nach einer Lösung für diese frustrierende Situation probierte sie alle möglichen Hilfsmittel aus. Sie brachte Tage damit zu, Artikel und Bücher über Selbstmanagement zu lesen, studierte Anleitungen, wie man als Selbständiger erfolgreich wird, machte sich nach vorgegebenem Rezept einen Erfolgsplan, stellte für jeden Tag eine To-Do-Liste auf, brachte sich aber nie dazu, all diese wunderbaren Dinge in die Tat umzusetzen. In einer der vielen Facebook-Gruppen, die sie frequentierte, in der Hoffnung, dort etwas zu finden, was ihr helfen könnte, stieß sie zum Beispiel auf die „Pomodoro-Technik“. Bei diesem Verfahren soll der Widerstand, das zu tun, was man will und soll, dadurch überwunden werden, dass man sich vornimmt, nur zwanzig Minuten lang etwas zu tun. Das klappte bei ihr ein oder zwei Mal ganz gut, danach kam sie sich albern damit vor, sich einen Wecker auf zwanzig Minuten zu stellen und „vergaß“ es einfach, wie so vieles andere, was sie ausprobierte.

Schlussendlich kam sie darauf, dass sie „positiver denken“ müsse. Also nahm sie sich vor, sich beim Aufwachen gleich vorzustellen, wie gefragt sie jetzt wieder bei Kunden ist, wie sie sich in neue Projekte stürzt, Dinge voller Elan anpackt, wieder völlig zufrieden mit ihrem beruflichen Leben ist. Die Vorstellung klappte auch einigermaßen, solange sie noch im Bett war, doch kaum in ihrem Büro angekommen, wurde sie von der traurigen Realität eingeholt. Gelegentlich überwand sie sich sogar, einen potenziellen Kunden anzurufen, aber wenn das nicht sofort zu einer Terminvereinbarung führte, fiel sie nach dem Gespräch in ihr altes Verhalten zurück, surfte im Internet und beschäftigte sich „mit ganz interessanten Dingen“, tat jedoch nichts dafür, aus ihren Schwierigkeiten herauszukommen.

Das verschärfte auch die häusliche Situation, denn ihre Kinder und ihr Partner bekamen ihre Unzufriedenheit immer deutlicher zu spüren. Ihr Partner versuchte zunächst zwar sein Bestes, sie aufzubauen, indem er immer wieder sagte, sie sei doch eine sehr gute Web-Designerin, begabt und voller Ideen, erntete dafür von ihrer Seite jedoch nur Widerspruch. Sie sei früher mal gut gewesen, jetzt sei es aber wohl anders, die Kunden wollten sie schließlich nicht mehr – kurz, sie hatte für jedes aufmunternde Wort ein „Aber“.

Schließlich war sie fast so weit, ihr Büro zu kündigen, weil sie die Hoffnung auf Veränderung schon aufgegeben hatte. Ihre Rücklagen waren aufgebraucht, und ihr Verhältnis zu ihrem Partner war so belastet, dass er zu seinem letzten Mittel griff, indem er ihr sagte: „Wenn du jetzt nicht etwas Wirksames unternimmst, um aus deinem Loch heraus zu kommen, überlege ich mir ernsthaft, ob es nicht besser wäre, wir würden uns trennen!“

All ihre Versuche, auf eigene Faust an ihrer beruflichen Situation etwas zu ändern, hatten nichts gefruchtet und jetzt stand auch noch die Drohung im Raum, dass ihre Beziehung scheitern würde. Als sie sich zum Coaching entschloss, zweifelte sie mittlerweile so stark an sich selbst, dass sie nahe daran war, ganz in einer Depression zu versinken.

Im Coaching wurde zunächst offenbar, dass es bei ihr einen starken Imperativ gab, der lautete „Ich muss auf jeden Fall gebraucht werden!“ Dass die Familie sie nicht mehr brauchte, das durfte auf keinen Fall geschehen, doch wenn sie nicht mehr erfolgreich war und deshalb nicht mehr zum Familieneinkommen beitragen konnte, stand ihrem Gefühl nach genau das zu befürchten. Beim darüber Sprechen äußerte Anna Bauer zwar zuerst, dass es auch eine Entspannung für sie bedeuten würde, wenn sie kein Geld mehr verdienen müsste. Doch als sie sich in der Introvision mit dem Gedanken konfrontierte „Es kann sein, dass ich nicht mehr gebraucht werde“, löste das einen heftigen Alarm aus, der verbunden war mit dem Gefühl von großer Trauer. Als sie schilderte, was sich während der einzelnen Introvisions-Sets in ihrem Inneren abgespielt hatte, sprach sie davon, dass in ihr das Bild eines Mühlsteins aufgetaucht war, der unerträglich schwer an ihrem Hals hing. Dazu passend empfand sie das Gefühl einer immensen Erleichterung, nachdem es ihr gelungen war, den Alarm, den der Satz „Es kann sein, dass ich nicht mehr gebraucht werde“ auslöste, zu reduzieren.

Bei der Arbeit mit dem ersten Imperativ war jedoch auch recht schnell zu Tage getreten, dass es einen zweiten Imperativ gab, der tiefer lag und sie eigentlich noch weit mehr beeinträchtigte. Als sie nämlich näher nach ihrer Lebensgeschichte befragt wurde, erzählte sie, dass sie als Kind systematisch von ihren Eltern entmutigt worden war. Die Eltern trauten ihr nichts zu und werteten sie und ihre Leistungen dauernd ab. Sie unterstützten schon gar nicht ihren Wunsch, eine weiterführende Schule zu besuchen. Die Eltern wollten eigentlich, dass sie von der Schule abging und eine Lehre machte, mehr sei bei ihr ja nicht drin. Anna Bauer erkämpfte sich trotzdem, dass sie auf dem Gymnasium bleiben konnte, machte Abitur und studierte. In Begriffen der Transaktionsanalyse ausgedrückt hatte sie ein klassisches „Verlierer“-Skript mit einer ausgeprägten „Schaff‘s nicht“-Einschärfung.

Mit Einschärfungen kann man entweder so umgehen, dass man ihnen folgt, oder so, dass man dagegen geht. Anna Bauer hatte zunächst den Weg gewählt, sich gegen die Einschärfung zu stemmen. Sie wollte ihren Eltern unbedingt beweisen, dass sie es sehr wohl schaffte. Lange Zeit gelang ihr das auch. Als es mit ihrem Studio für Webdesign jedoch schwierig wurde, weil ein Mitbewerber ihr die Kunden abgejagt hatte, kam ihr „Schaff‘s nicht“-Skript mit voller Wucht zum Tragen. Die inneren Zweifel an ihren eigenen Fähigkeiten, die immer schon da gewesen waren, bekamen die Oberhand. Um neue Kunden zu gewinnen, hätte sie akquirieren müssen, doch jedes Mal, wenn sie daran dachte, einen Kunden anzurufen, kamen auch die nagenden Gedanken, die ihr sagten, dass sie eben doch nichts könne, sie nicht gut genug sei – die typischen Auswirkungen ihrer Einschärfung.

Anna Bauer hatte die Zweifel an ihren Fähigkeiten, die ihre Eltern gesät hatten, so sehr verinnerlicht, dass sie sich auch selbst ständig abwertete. Als „Gegenmittel“ gegen die inneren Abwertungen, suchte und brauchte sie dringend die Anerkennung von außen, die sie sich selbst nicht geben konnte. Aufgrund der Erfahrungen mit ihren Eltern hatte Anna Bauer deshalb den Imperativ „Ich darf auf gar keinen Fall abgelehnt werden!“ entwickelt. Das besitzt eine einleuchtende „Psycho-Logik“: Wäre zu ihrer inneren Abwertung, die sie ohnehin dauernd betrieb noch die äußere Abwertung in Form von Ablehnung hinzugekommen, wäre das einfach zu schwer zu verkraften gewesen.

Wann immer sie nun in Richtung Akquise dachte, wurde bei ihr ein heftiger innerer Alarm ausgelöst. Denn ihre inneren Zweifel an sich selbst suggerierten ihr ein wahrscheinliches Scheitern bei dem Versuch einen neuen Kunden zu gewinnen. Dieses Scheitern wäre gleichzusetzen gewesen mit einer Ablehnung, und eine Ablehnung durfte ja auf gar keinen Fall passieren, um ihr schwer angeschlagenes inneres Gleichgewicht nicht gänzlich zu ruinieren. Dieser innere Kreislauf hatte zur Folge, dass sie nun praktisch ihr Skript auslebte. Sie war nicht mehr erfolgreich. Der erste ganz konkrete Misserfolg, den sie erlebte, hatte genügt, die von ihren Eltern in sie eingepflanzten inneren Zweifel so mächtig werden zu lassen, dass sie nicht mehr imstande war, ihr Verhalten wieder auf „Erfolg“ umzuwenden.

Während einer Coaching-Sitzung gelang es nicht, diesen Alarm ganz auf Null zu bringen, doch Anna Bauer konnte ihn immerhin reduzieren. Ihre Hausaufgabe bestand darin, die nächsten Wochen täglich etwa zehn Minuten mit dem Satz „Es kann sein, das ich abgelehnt werde“ zu sitzen, entweder bis der Alarm ganz gelöscht war oder bis zur nächsten Sitzung, zwei Wochen später.

Das allein Üben klappte bei ihr sehr gut und bis zur nächsten Sitzung hatte sie den Alarm bis zu einer Belastung von eins auf der Skala reduziert. Sie berichtete wieder, welche Gefühle von Erleichterung sie durch die bisherig Arbeit mit Introvision erlebte – aber es war auch klar, dass ihre inneren Konflikte noch nicht gänzlich aufgelöst waren. Denn es gab bei ihr noch einen weiteren Imperativ, den sie installiert hatte, um gegen ihr Skript anzukämpfen und ihren Eltern zu beweisen, dass sie Unrecht hatten, und sie sehr wohl etwas zu schaffen in der Lage war.

Dieser Imperativ lautete „Ich darf auf gar keinen Fall scheitern!“ Auch dieser Imperativ trug zu ihrem passiven Verhalten angesichts ihrer beruflichen Flaute bei: Hätte sie zu akquirieren versucht und wäre erfolglos geblieben, wie sie es auf Grund ihrer inneren Zweifel an sich selbst befürchtete, wäre ihr Scheitern offenbar geworden. Es hätte kein Weg mehr darum herum geführt anzuerkennen: „Ich bin gescheitert.“ Das durfte ihr inneres Alarmsystem nicht zulassen, weshalb sie sich in all die Konflikt-Vermeidungs-Strategien stürzte, die wir in der ersten Schilderung ihres Falles bereits beschrieben haben. Damit konnte sie das überaus durchsichtige Feigenblatt aufrechterhalten, sie sei aktiv auf der Suche nach einer Lösung ihres Problems und außerdem noch nicht gescheitert, da sie es ja noch gar nicht richtig versucht habe zu akquirieren. Anna Bauer hatte diesen Versuch eines Selbstbetruges ja auch eine ganze Weile durchgehalten – so lange, bis der dadurch entstandene Schaden irreparabel zu werden drohte, weil ihr Partner dabei nicht mehr mitspielen wollte und konnte.

Der Satz, mit dem Anna Bauer das nächste Introvisions-Set begann, hieß: „Es kann sein, dass ich scheitere!“, und wurde im Verlauf des Coachings noch verschärft zu „Es kann sein, dass ich total scheitere!“ Das brachte laut ihren Aussagen einen „Höllenmix“ an Alarmreaktionen in Gang, bei dem viele Bilder aus ihren Kindertagen an die Oberfläche kamen. Dass diese alten Bilder auftauchten, zeigt, wie eng der Imperativ mit ihrem Lebensskript verknüpft war. Doch es gelang ihr noch in dieser Sitzung, den Alarm zu löschen. Sie schilderte sehr bewegt, welch eine Befreiung das für sie bedeutete. In der Folge schaffte sie es, beruflich wieder Fuß zu fassen, sich einen neuen Kundenkreis aufzubauen und auch ihr Familienleben kam wieder in Ordnung, da sie keine Spur mehr jener Gereiztheit zeigte, an der es zu zerbrechen gedroht hatte.

Dieses Beispiel aus dem Buch „Introvision – Die Kunst ohne Stress zu leben“ (R. und U. Dehner, Kreuz-Verlag, 2015) verdeutlicht anschaulich, was man mit IntrovisionCoaching in kurzer Zeit erreichen kann, selbst bei so schwierigen Lebenssituationen, die für den Betroffenen erst einmal fast ausweglos aussehen. Im Buch erfahren Sie mehr über Technik und Hintergründe dieser Methode.