Drei Ziele und das Ding mit der Selbstwirksamkeit

| Ulrich Dehner
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Selbstwirksamkeit ist ein unhandlicher Begriff - aber eine wichtige Sache, denn es bedeutet, dass man sich selbst für fähig hält, etwas zu bewirken. Wer nicht an seine Selbstwirksamkeit glaubt, der hat auch keinen inneren Antrieb, etwa an den eigenen Lebensumständen, dem eigenen Verhalten oder der eigenen Zukunft zu arbeiten: „Es ändert sich ja eh nichts, darauf habe ich sowieso keinen Einfluss, was kann ich schon machen.“ Es stimmt, auf vieles, das großen Einfluss auf das eigene Leben hat, hat man keinen unmittelbaren Einfluss. Aber Menschen machen immer wieder die Erfahrung, dass sie viel mehr erreichen können, als sie vorher glaubten, wenn sie „kleine“ Änderungen vornehmen, die große Wirkungen erzielen. Natürlich können Sie keinen unmittelbaren Einfluss nehmen auf die Welt- oder auch nur die Berliner Politik, auf die Entscheidungen Ihres Konzernchefs oder auf die Fahrpläne der Bundesbahn. Aber Ihr Leben besteht doch aus mehr als Trump, Merkel, Zetsche, Kaeser oder Grube. Und auf das, was Ihr tägliches Leben sehr spürbar und viel unmittelbarer ausmacht, darauf haben Sie sehr wohl Einfluss.

Was hat das mit drei Zielen zu tun?

Gerade Menschen, die etwas ändern wollen, nehmen sich häufig viel zu viel vor - so viel, dass ein gewisses Scheitern fast vorhersehbar ist. Daraufhin sehen sie sich in ihrer Meinung über sich selbst bestätigt „Ich schaffe es eh nicht, hat doch alles keinen Sinn!“ Oder sich richten sich gemütlich in ihrem Trott ein und legen so manchen durchaus realisierbaren Wunsch ad acta. Oder sie arrangieren sich damit, sich immer wieder über sich selbst zu ärgern und damit zu leben, dass so manches, was ihr Leben befriedigender und leichter machen würde, halt ungetan bleibt.

 

Das Zauberwort heißt hier Beschränkung. Beschränken Sie sich auf drei Ziele, drei Ziele für jeden Tag, drei Ziele für jede Woche, drei Ziele für jeden Monat und wenn Sie wollen, auch drei Jahresziele. Wie jede sinnvolle Beschränkung erfordert auch diese zunächst ein bisschen in sich gehen und nachdenken. Ich mache es zum Beispiel so: Ich überlege jeden Abend, was mir am nächsten Tag wirklich wichtig ist. Wovon will ich am nächsten Abend denken „Wie gut, dass ich das heute gemacht habe, dass mir das heute gelungen ist!“ Dabei sollten keine Aufgaben sein, die sowieso gemacht werden müssen, denn die erledige ich ja ohnehin. Dafür muss es auch nicht immer eine großartige Aufgabe oder Leistung sein, die ich mir vornehme. Wenn mir ein harter Tag bevorsteht, ist eines meiner Ziele manchmal „Entspannt bleiben“.

 

Wochenlang war eines meiner Ziele, das ich mir jeden Abend notierte: „Eine Viertelstunde Yoga“ - so lange, bis diese Viertelstunde quasi das gleiche, nicht verhandelbare Ritual war wie Zähneputzen. Und ich bin jeden Abend stolz auf mich, wenn ich, bevor ich mich den Zielen für den folgenden Tag zuwende, die heutigen Ziele als „erledigt“ abhaken kann. Ich nehme es mir allerdings auch nicht übel, wenn ich das eine oder andere als „nicht erledigt“ kennzeichnen muss - so ist es halt manchmal! Was ich mit den drei Zielen übrigens auch geschafft habe: Ich habe mein „Gerümpelzimmer“, das mir mindestens zwei Jahre auf der Seele lag, in Ordnung gebracht. Da hatte sich so viel angesammelt, dass ich immer wieder vor der Zumutung, dieses ganze Chaos zu beseitigen, kapitulierte. Das alles auf einmal machen zu wollen, führte nur zu Fluchtverhalten. Ich nahm mir schließlich so lange als Ziel vor „eine halbe Stunde aufräumen“, bis das Zimmer zu meiner Zufriedenheit aussah und ich die sehr befriedigende Gewissheit hatte, dass sich in den Schubladen, Schränken und Regalen keine unerledigten Dinge befanden, die mir irgendwann als Knüppel vor den Füßen liegen würden. Eine halbe Stunde, das schafft man immer, oder, wenn das zu lange ist, meinetwegen auch nur eine Viertelstunde - aber man erreicht unglaublich viel mehr, als wenn man gar nichts macht, garantiert!

 

Nun kann man einwenden, dass man sich all das doch auch vornehmen könnte, ohne sich mit der Formulierung von drei Zielen aufzuhalten. Sicher, das könnte man! Aber tut man es? Das ist das eine. Das andere ist die erstaunliche Tatsache, dass es wirklich einen Unterschied macht, ob etwas als „Ziel“ auf dem Papier steht oder ob man sich lediglich etwas „vornimmt“. Also, für mich macht es jedenfalls einen Unterschied und das gilt auch für andere, die sich dieser Methode bedienen, das habe ich in Gesprächen erfahren.

 

Um nun auf die Selbstwirksamkeit zurückzukommen: Wenn man sich täglich darüber klar wird, dass und was man erreicht hat, so wächst auch die Erkenntnis, dass man tatsächlich imstande ist etwas zu verändern, sich einem Ziel zu nähern, etwas anzupacken und zu vollenden. Und das stärkt den Glauben an die Selbstwirksamkeit, was einen wiederum ermutigt, aus bloßen Wunschträumen Ziele zu machen, die etwas bewirken.