Personalentwicklung ist gut – Persönlichkeitsentwicklung ist Besser! Teil 2

| Ulrich Dehner
Im letzten Newsletter haben wir gesagt, dass das Bewusstmachen von Hintergründen nur der erste Schritt hin zu einer echten Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ist, aber es ist noch nicht die Lösung.
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Auch wenn man seine Vergangenheit gründlich analysiert und sich darüber im Klaren wird, welche Probleme von welchen Triggern ausgelöst werden, ist das doch noch längst nicht ausreichend, um sich von den Alarmen, die mit den Triggern einhergehen, zu befreien. Wie das mit Introvision-Coaching sehr schnell funktionieren kann, zeigt folgendes Beispiel.

Einem Mitarbeiter eines großen Unternehmens wurde von der Personalabteilung ein Coaching nahegelegt. Er war sehr erfahren und kompetent in seiner Arbeit, aber außerordentlich schwierig im Umgang, und da er dabei sehr viel Power besaß, war er sowohl bei Kollegen als auch bei Vorgesetzten gefürchtet. Zunächst völlig gegen das Coaching eingestellt, ließ er sich doch darauf ein.

In der Problemanalyse schilderte er seine schwierige, lieblose Kindheit. Als er darüber sprach, wie er zu dem geworden war, der er war, saß dieser „harte Hund“ schon in der ersten Sitzung da und weinte. Es wurde deutlich, dass er damals die Überlebensstrategie für sich erwählt hatte, zu kämpfen, niemals klein beizugeben, immer die Oberhand zu behalten, damit niemand ihn mehr verletzen konnte.

Gemeinsam mit dem Coach ermittelte er den Satz, der bei ihm immer einen hohen Alarm auslöste: „Es kann sein, dass ich verletzt werde“. Da der Alarm auslösende Satz der wesentlichste Bestandteil im Introvision-Coaching ist – wird in der Arbeit kein Alarm ausgelöst, kann man ihn auch nicht löschen – ist diesem Teil ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Es kommt auf die richtige Formulierung des Satzes an, und da können schon kleine Unterschiede im Sprachgebrauch erhebliche Unterschiede in der Wirkung ausmachen. Der Coach machte den Klienten schließlich mit der Haltung der nicht wertenden, weit gestellten Wahrnehmung vertraut und übte mit ihm ein paar Mal, bis er damit vertraut war.

Um später eine Kontrolle darüber zu haben, was sich auf gefühlsmäßiger Ebene durch die Arbeit mit dem Alarm auslösenden Satz verändert, bat der Coach den Klienten, die Höhe seines Alarms auf einer Skala von 1 bis 10 zu bewerten. Der Klient schätzte den Alarm zunächst auf einen Wert von 8.

Dann nahm er die Haltung der weit gestellten, rein beobachtenden Wahrnehmung ein und der Coach gab ihm immer wieder seinen Alarm auslösenden Satz vor. Der Klient ließ diesen Satz auf sich wirken und beobachtete, was er emotional, mental und körperlich bei ihm auslöste.

Ein solches Setting wird im Introvision-Coaching etwa zehn Minuten lang durchgeführt, wenn der Klient so lange in der weiten Wahrnehmung bleiben kann. Wenn er sie verliert, bricht man früher ab. Die Anleitung, die der Coach gibt, wird währenddessen aufgenommen, damit der Klient sie mit nach Hause nehmen kann, um anschließend allein weiter üben zu können. Entweder bis er zur nächsten Coaching-Sitzung kommt oder bis sein Alarm bei Null ist.

Nach dem ersten Setting sprechen Coach und Klient über das, was der Klient erlebt hat. Der Coach fragt auch nach, ob und wie sich der Alarm verändert hat. Bei dem Klienten verringerte sich der Alarm schon im ersten Setting auf drei. Beim sich sofort anschließenden zweiten Setting kam der Alarm bereits auf einen Wert von 1 herunter.

Der Klient übte allein weiter, bis sein Alarm bei Null war. In der nächsten Coachingsitzung berichtete er, dass er von etlichen Kollegen, aber auch Leuten aus seinem privaten Umfeld die Rückmeldung bekommen hatte, er sei ja wie ausgewechselt.

Das verletzte innere Kind, dieser Persönlichkeitsanteil, den er durch ein sehr bestimmendes, fast aggressives Auftreten, unbewusst schützen wollte, und das in der Problemanalyse zum Vorschein gekommen ist, konnte sich weiterentwickeln, konnte zu einem reiferen, erwachsenen Verhalten reifen, was in seinem Fall bedeutete, ruhiger, gelassener und offener zu werden, auch andere Meinungen gelten zu lassen, über Argumente nachzudenken, statt sie sofort zu verwerfen.

Das ist, was Persönlichkeitsentwicklung, die diesen Namen verdient, ausmacht: Eine Reifung der Person, sodass nicht kindliche Verhaltensmuster das Kommando übernehmen, sondern man mit erwachsener Klarsicht seine Handlungsoptionen frei und klar wählen kann. Dazu muss man die kindlichen Anteile aber erst einmal erkennen und, so wie im Introvision-Coaching, würdigen, das heißt, da sein lassen, ohne zu versuchen, sie zu unterdrücken. Das löscht die Alarme, die stressbedingtes Verhalten, mit all seinen negativen Begleiterscheinungen, hervorrufen.