Wenn Sie nicht spielen wollen - So können Sie es bleiben lassen!

| Ulrich Dehner
Im letzten Beitrag vor den Sommerferien habe ich das Thema „psychologische Spiele“ angeschnitten.
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Psychologische Spiele sind ein Dauerbrenner, nicht nur bei der Arbeit, auch in Familien. Aber gehen wir erst mal ins Büro. Da es für Ihre Nerven am Besten ist, wenn Sie gar nicht erst in ein Spiel einsteigen, will ich Ihnen hier ausführlich den Spielbeginn darstellen. So zum Beispiel könnte ein Spiel losgehen:

Herr Müller nimmt seine Verantwortung als Führungskraft sehr ernst. Als junger Angestellter hatte er sich oft genug darüber geärgert, seinen Chef nur als abgehobenen „Den da oben“ zu erleben. Deshalb ist es ihm besonders wichtig, möglichst immer als Ansprechpartner für seine Mitarbeiter da zu sein. Allerdings steht er unter erheblichem Termindruck. So viel Zeit, wie er gern möchte, kann er sich gar nicht für jeden einzelnen nehmen. Und als heute schon wieder ein Mitarbeiter, der für seine vielen Sonderwünsche bekannt ist, bei ihm anklopft, bedeutet er ihm, dass er darüber jetzt wirklich nicht reden will.
Der reagiert mit den Worten: „Ach, es ist doch immer das Gleiche. Für unsere Belange haben Sie nie Zeit, wir sollen einfach nur funktionieren!“ Diese Anschuldigung trifft Herrn Müller bis ins Mark. Er bittet den Mitarbeiter innerlich zähneknirschend, sich zu setzen und zu sagen, was er will, denn solch einen Vorwurf kann er einfach nicht auf sich sitzen lassen. Und schon ist er „geködert“.

Genau so fangen psychologische Spiele an: Der Köder von Spieler A trifft auf den wunden Punkt von Spieler B – im obigen Fall die Tatsache, dass er sich schuldig fühlt, nicht genügend Zeit für Mitarbeitergespräche zu besitzen.

An diesem kleinen Beispiel sehen Sie, dass es mit dem Auswerfen des Köders allein nicht getan ist – er muss auch geschluckt werden, damit ein Spiel zustande kommt. Deshalb ist es für Sie hilfreich, zu wissen, welches Ihre wunden Punkte sind. Denn auf Behauptungen, Anschuldigungen, Sticheleien, die in Ihnen keine Saite zum Schwingen bringen, werden Sie nur mit einem Achselzucken reagieren – schlimmstenfalls mit einer leichten Irritation. Wenn Sie Ihre wunden Punkte kennen lernen wollen, fragen Sie sich:

Wenn Sie Ihre wunden Punkte kennen lernen wollen, fragen Sie sich:

  • Wodurch fühle ich mich schnell angegriffen?
  • Worauf MUSS ich einfach reagieren?
  • Welche Behauptungen und Unterstellungen zwingen mich dazu, mich zu verteidigen?
  • Wobei entsteht ein innerer Druck für mich zu handeln?

Es muss übrigens gar nicht immer ein Angriff sein, der Sie in diesen Handlungsdruck bringt. Manche Köder bestehen in Hilflosigkeit: „Sieh mich doch an, ich bin völlig unfähig, mit diesem riesengroßen Computerproblem fertig zu werden. Aber du bist so wunderbar, du schaffst das für mich!“ Und weil Sie diese Hilflosigkeit nicht mitansehen können – aber auch gerne „ein bisschen wunderbar“ sein wollen – beißen Sie an. Dabei ärgert Sie insgeheim, dass Sie hierdurch Zeit verlieren und/oder Sie diese Schwierigkeit schon dreimal mit dem Mitarbeiter durchgesprochen haben.

Wichtig für Sie zu wissen: Wer einen Köder auslegt, hat vorher etwas ausgeblendet:

  • Der Mitarbeiter, der an Ihre nimmermüde Hilfsbereitschaft appelliert, blendet aus, dass er eigentlich selbst kann, was er jetzt von Ihnen erwartet.
  • Der Mitarbeiter von Herrn Müller im obigen Beispiel hat ausgeblendet, wie viele Male er schon die Zeit seines Chefs in Anspruch genommen, um seine ureigensten Belange zu klären.
  • Die Mimose, die von 100 % Rückmeldung nur die 10 % Kritik wahrnimmt, blendet die 90 % Anerkennung aus.

Wenn Sie es also vermeiden wollen, einen Köder zu schlucken, schärfen Sie Ihre Sinne dafür zu entdecken, was Ihr Gesprächspartner ausgeblendet hat – und zwar …

  • bei sich,
  • bei anderen oder
  • die Situation betreffend.

Blenden Sie dies sogleich wieder ein, um dem Vorwurf/dem hilflosen Verhalten Ihres Mitarbeiters die Spitze zu nehmen (z. B. Im obigen Fall: „Da haben Sie wohl vergessen, wie oft wir hier schon zu Gesprächen zusammengesessen sind“).

Lesen Sie beim nächsten Mal, was es mit dem „Drama-Dreieck“ auf sich hat, wie Sie erkennen, welche Rolle darin Ihr Gegenüber für Sie vorgesehen hat und wie Sie darauf am besten reagieren. Alles über Psychologische Spiele, ihre Hintergründe und wie Sie gekonnt mit Spielen umgehen, finden Sie im Buch „Schluss mit diesen Spielchen“ von Renate und Ulrich Dehner