Work-Life-Balance in der Coachingausbildung

| Ulrich Dehner
Die Work-Life-Balance – korrekter sollten wir lieber von der Life-Balance sprechen, aber Work-Life-Balance hat sich nun einmal eingebürgert – spielt auch in der Coachingausbildung eine Rolle. Denn sehr häufig wird ein Coaching in Anspruch genommen, weil es genau daran mangelt.
Coachingausbildung_3.jpg

Wenn Führungskräfte völlig überarbeitet sind, dann oft, weil sie sich durch Rückdelegationen die Zeit rauben lassen oder weil sie Micro-Management betreiben. Das heißt, sie verzetteln sich in einem Klein-Klein an Aufgaben, die eigentlich die Mitarbeitenden übernehmen sollten, kümmern sich um viel zu viel selbst, treffen alle Entscheidungen, wollen über alles Kontrolle haben „damit es richtig gemacht wird“, lassen ihrem Team dadurch aber viel zu wenig Spielraum – und haben im Endeffekt so viel zu tun, dass es nur noch „Work“ und kein „Life“ mehr gibt, von „Balance“ keine Spur.

In der Coachingausbildung müssen die zukünftigen Coaches lernen, damit umzugehen. Ein wichtiger Punkt dabei ist zum Beispiel, mit den Klienten herauszuarbeiten, welche Glaubenssätze sie mit ihrer Arbeit verbinden. Viele Führungskräfte haben nämlich den Glaubenssatz verinnerlicht, nur dann eine „gute“ Führungskraft zu sein, wenn sie die Probleme ihrer Mitarbeiter lösen. Das führt dazu, dass die Mitarbeitenden auch mit allen Problemen zu ihnen kommen. Auch wenn Aufgaben bereits an die Mitarbeitenden delegiert wurden und sich als nicht ganz einfach erweisen, landen sie wieder auf dem Tisch der Führungskraft. Die entscheidet dann, was zu tun ist. Das hat nicht nur zur Folge, dass ihre Zeit in Anspruch genommen wurde, sondern auch, dass sie die Verantwortung für die Lösung des Problems übernommen hat. Der Mitarbeitende ist fein raus: Geht etwas schief – er war es ja nicht.

Den Zusammenhang zwischen dem falschen Führungsverständnis und der Überarbeitung aufzudecken, ist das eine. In der Coachingausbildung muss aber noch etwas anderes trainiert werden. Die zukünftigen Coaches müssen ihren Klienten nicht nur nahebringen, dass sie mit Micro-Management und dem Akzeptieren von Rückdelegationen die falschen Probleme lösen, sie müssen sie auch darin trainieren, wie sie dieses Verhalten ändern können. Es geht für die Klienten darum zu lernen, wie sie ihre Mitarbeiter dahingehend entwickeln können, dass sie ihre Probleme zukünftig selbst lösen. Und sie müssen lernen, wie sie die neuen Bedingungen in ihrem Arbeitsbereich einführen können, mit welchen Gesprächen sie die Mitarbeitenden darauf vorbereiten, dass die Dinge in Zukunft etwas anders laufen werden. Auch dieser Prozess ist Teil der Coachingausbildung.

Es gibt aber noch einen weiteren Punkt:

Die Mitarbeitenden des Klienten werden unter Umständen nicht alle begeistert sein, wenn Chefin oder Chef plötzlich andere Anforderungen an sie stellen. Manche werden sicherlich aufblühen, weil sie nun mehr Spielräume haben, um zu zeigen, was sie können. Doch es mag auch andere geben, die das alte Verhalten sehr viel bequemer fanden. Die kommentieren das geänderte Auftreten und die neuen Anforderungen vielleicht wenig schmeichelhaft und versuchen, die Führungskraft wieder in das alte Muster zu bekommen. Aussagen wie: „Früher haben Sie sich mehr für unsere Probleme interessiert!“ oder „Man kann gar nicht mehr mit Ihnen reden, für uns haben Sie ja keine Zeit mehr!“ fallen dabei in die Kategorie „Psychologische Spiele“. In der Coachingausbildung müssen die Teilnehmer deshalb auch solche Konzepte -die Theorie der „Psychologischen Spiele“ kommt aus der Transaktionsanalyse – kennenlernen, um die Klienten darin unterstützen zu können, wie sie in ihrem Arbeitsalltag damit umgehen können.