Wann gute Ratschläge definitiv nicht helfen
| Ulrich DehnerAllerdings werden erstaunlicherweise eine Fülle von Ratschlägen auf diversen sozialen Medien unter die Leute gebracht, die man sich genauso gut schenken könnte. Einem Perfektionisten nützt der gute Rat, die Dinge doch mal ein bisschen lockerer zu nehmen genauso wenig, wie einem Ängstlichen die Aufforderung, halt ein wenig Mut zu zeigen. Und wenn jemand immer wieder ausrastet, weil sein Stresslevel überspannt wurde, hat er gar nichts davon, wenn man ihm den heißen Tipp gibt, er solle sich zusammenreißen. Sie können die Reihe beliebig fortsetzen, bestimmt fällt Ihnen noch mehr zu dem Thema ein.
Warum diese hervorragenden Ratschläge nichts nützen? Weil unser Gehirn, genauer gesagt, die Amygdala im Kleinhirn, so unglaublich schnell ist. Leider ist das Großhirn nicht zuverlässig fix, wenn es um bewusste Leistungen geht – da ist die Leitung zu unser aller Bedauern manchmal enervierend lang. Aber bei unbewussten Reaktionen, die sich tief in unser Verhalten eingegraben haben, weil sie aus welchem Grund auch immer dort einmal verankert wurden, kommen wir mit einer bewussten Entscheidung, genau diese Reaktion, dieses Verhalten zu unterlassen, immer zu spät.
Auch die Angst, „in Wirklichkeit“ ein Hochstapler zu sein, der gar nicht kann, was andere ihm zutrauen oder von ihm erwarten – ein auch „Impostor-Syndrom“ genanntes Phänomen, lässt sich wohl kaum nur mit guten Ratschlägen bewältigen. In der Süddeutschen Zeitung erschien im September eine Beilage zum von der Zeitung veranstalteten Kongress Plan W, bei dem es um Frauen in der Wirtschaft ging. In einem Beitrag dieser Magazin-Beilage wurde auch das Impostor-Syndrom thematisiert. Es wurde behauptet, ob das wirklich stimmt, lasse ich mal dahingestellt sein, dass das Impostor-Syndrom vor allen Dingen Frauen sabotiere. Es wurden dazu sechs prominente Frauen zitiert, die „erklären, wie sie es überwunden haben“.
Unabhängig davon, dass offenbar keine einzige dieser Frauen tatsächlich je am Impostor-Syndrom gelitten hat, oder nicht bereit war, was ja auch möglich ist, sich wirklich offen zu ihrer eigenen Erfahrung damit zu äußern, gab es einfach nur ein paar nett gemeinte Ratschläge zu lesen: „Trauen Sie sich, um Hilfe zu bitten“, „um solche Prägungen wirklich zu überwinden, braucht es starke Frauen als Vorbilder und starke Netzwerke“, „jetzt reiß dich mal zusammen“, „es hilft ungemein, einen Job zu finden, der gleichzeitig persönliche Leidenschaft ist“, „wichtig ist, dass man nach schwierigen Situationen nach vorne schaut und sich fragt, was man daraus lernen kann“, „ich habe es einfach getan, es war schlimm, aber es ist alles ein Frage der Gewöhnung und jetzt kann ich es“. Mehr Substanzielles gab es leider nicht.
Ungemein hilfreich, das alles, oder? Nun erwartet keiner von einer Tageszeitung, tatsächlich Lebenshilfe zu leisten. Aber, und das nur nebenbei, dann sollen sie in ihren Überschriften auch nicht ankündigen, Frauen, die am Impostor-Syndrom leiden, hätten irgendeinen praktischen Nutzen vom Lesen dieser Beiträge.
Ängste sind nicht rational, deshalb sind rationale Methoden, sie zu bewältigen, nicht das effektivste Mittel. Ängste, egal ob beim Impostor-Syndrom oder bei anderen irrationalen Befürchtungen, werden durch innere Alarme, die von der Amygdala ausgehen, ausgelöst. Wie schon gesagt, ist die Amygdala sehr schnell, etwa zweihundertmal schneller als das Großhirn, das für bewusste Entscheidungen zuständig ist. Da wird schon klar, dass man mit bewusstem Denken immer zu spät kommt. Die Amygdala ist so schnell, weil sie für die Sicherheit zuständig ist: Wenn etwas als bedrohlich von ihr identifiziert wird – zu Recht oder zu unrecht - sorgt sie für die Ausschüttung von Stress-Hormonen, die den Körper zu Höchstleistungen befähigen sollen.
Wenn Ängste wie das Impostor-Syndrom, jemanden ausbremsen, und das immer wieder, ist Introvision Coaching der schnellste Weg, sich von solchen Ängsten zu befreien. Denn mit Hilfe von Introvision Coaching lassen sich die Alarme löschen. Ein eindrückliches Beispiel dafür war eine Coaching-Klientin, die sowohl als Schülerin wie als Studentin schon brilliert hatte, inzwischen in der Talentgruppe eines großen Unternehmens arbeitete, aber ständig an sich selbst zweifelte. Ihre große Befürchtung war, eines Tages „enttarnt“ zu werden – also das klassische Impostor-Syndrom. Sie litt an der ständigen Angst, nicht zu genügen. Auf die Frage, wer ihrer beiden Eltern sie in der Kindheit ständig für ihre Leistung entmutigt hat, kam wie aus der Pistole geschossen die Antwort „meine Mutter“. Kinder, die immerzu nur entmutigt werden, versuchen, wenn sie nicht gänzlich aufgeben, durch Top-Leistungen doch noch Anerkennung zu gewinnen. Solange das mit der Höchstleistung klappt, funktioniert das System auch einigermaßen, doch sobald man Gefahr läuft, doch nicht ganz so top zu agieren, springen die alten Alarme an. Im Coaching genügten zwei Sitzungen, ihre Alarme ins Leere laufen zu lassen und sie von ihrer Angst zu befreien.
Die meisten Menschen, die am Impostor-Syndrom leiden – meiner Erfahrung nach genauso viele Männer wie Frauen -, leben einfach damit. Sie versuchen gar nicht groß, etwas dagegen zu unternehmen, sie halten es für normal, solche Reaktionen zu haben. Erst wenn sie aus anderen Gründen ein Coaching machen, kommen auch solche Befürchtungen zur Sprache und ihnen wird klar, dass es sich bei ihrem Streben nach Höchst-Leistung um den immerwährenden Versuch handelt, zu beweisen, dass sie doch genügen – ein Versuch, der niemals endet, denn so groß kann gar kein Erfolg sein, dass er ausreichen würde, die inneren Alarme zu löschen.